Motion: Schutz vor Diskriminierung und Förderung der Teilhabe
Anna Leissing (GB), Anna Jegher (JA!)
Auftrag
Der Gemeinderat wird beauftragt, dem Stadtrat eine Vorlage zur Änderung der Gemeindeordnung (Art. 5a) und ein Reglement zur Bekämpfung von Diskriminierung zur Beschlussfassung zu unterbreiten:
Gemeindeordnung der Stadt Bern
Art. 5a Schutz vor Diskriminierung und Förderung der Teilhabe
1 Die Stadt setzt sich für die rechtliche und tatsächliche Verwirklichung der völker- und verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbote ein.
2 Sie schafft Rahmenbedingungen, welche die Gleichstellung, Inklusion, Teilhabe und eine Kultur der Wertschätzung und Vielfalt fördern, die es Menschen erleichtern, am gesellschaftlichen Leben chancengleich und selbstbestimmt teilzunehmen.
3 In einem Reglement zur Bekämpfung von Diskriminierung und Förderung der Teilhabe sieht sie die dafür notwendigen Massnahmen vor und stellt für die Umsetzung zusätzliche finanzielle, personelle und fachliche Mittel sicher.
Reglement zur Bekämpfung von Diskriminierung und Förderung der Teilhabe
1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 Zweck
1 Dieses Reglement bezweckt die rechtliche und tatsächliche Verwirklichung der Gleichstellung aller Personen und soll Diskriminierung verhindern, verringern und beseitigen.
2 Es setzt Rahmenbedingungen, welche die Teilhabe und eine Kultur der Wertschätzung von Vielfalt fördern, die es Menschen erleichtern, am gesellschaftlichen Leben chancengleich teilzunehmen.
3 Der Gemeinderat regelt die Details zu diesem Reglement in einer Verordnung.
Art. 2 Begriffe
1 Jede Diskriminierung ist verboten wie aufgrund des fehlenden Anwesenheitsrechts, des Aufenthaltstitels, der sozialen Stellung und Armut, des Geschlechts, der sexuellen Orientierung, der Schwangerschaft, der Elternschaft, des Zivilstandes, der ethnischen Herkunft, einer rassistischen oder antisemitischen Zuschreibung, der Religion, Weltanschauung und politischen Überzeugung, der Sprache, einer Behinderung, einer chronischen Erkrankung, einer genetischen Disposition, des Lebensalters und der Zugehörigkeit zu einer Generation, des Körpergewichts und der reisenden Lebensweise und weiterer Diskriminierungskategorien.
2 Eine Diskriminierung geht mit einer asymmetrischen Verteilung von kulturellen, sozialen, politischen oder ökonomischen Mitteln zuungunsten der betroffenen Gruppen einher und manifestiert sich auf strukturelle, institutionelle und individuelle Weise:
- a. Eine strukturelle Diskriminierung zeigt sich in geschriebenen und ungeschriebenen Normen und Werten, die Menschen stigmatisieren und ihre Selbstbestimmung und Teilhabe beeinträchtigen.
- b. Eine institutionelle Diskriminierung liegt vor, wenn eine Herabsetzung oder ein anderweitiger Nachteil im Sinne von Artikel 4 dieses Reglements auf Regeln, Aufbau, Abläufe und Prozesse einer Organisation zurückzuführen ist.
- c. Eine individuelle Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person eine Herabsetzung oder einen anderweitigen Nachteil im Sinne von Artikel 4 dieses Reglements erfährt.
3 Gleichstellung bedeutet, dass die Interessen, Bedürfnisse und Prioritäten unterschiedlicher Gruppen unter Anerkennung ihrer Vielfalt gleichermassen berücksichtigt werden.
4 Unter Teilhabe wird der diskriminierungsfreie und gleichwertige Zugang zu kulturellen, sozialen, politischen und ökonomischen Mitteln verstanden.
5 Mit einer Kultur der Wertschätzung von Vielfalt ist eine gesellschaftlich mehrheitlich verbreitete Vorstellung verbunden, die Menschen unabhängig von tatsächlichen oder zugeschriebenen Unterschieden ihrer Persönlichkeit gleiche Rechte und Anerkennung zugesteht.
Art. 3 Geltungsbereich
1 Das Reglement gilt für:
- a. alle, die staatliche Aufgaben im Zuständigkeitsbereich der Stadt wahrnehmen;
- b. öffentlich-rechtliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen im Rahmen der Ausübung staatlicher Aufgaben im Zuständigkeitsbereich der Stadt sowie im Rahmen von Aktivitäten nach Obligationenrecht;
2 Soweit die Stadt unmittelbar oder mittelbar Mehrheitsbeteiligungen an juristischen Personen des Privatrechts hält oder erwirbt, stellt sie sicher, dass die Regelungen dieses Reglements auch von diesen angewendet werden. Soweit sie Minderheitsbeteiligungen an juristischen Personen des Privatrechts hält oder erwirbt, wirkt sie darauf hin, dass die Regelungen dieses Reglements angewendet werden.
3 Dieses Reglement steht weitergehenden gesetzlich geregelten Verboten der Diskriminierung und Benachteiligung oder Geboten der Gleichbehandlung und zu ihrer Um- und Durchsetzung bestehenden Vorschriften nicht entgegen.
2. Abschnitt: Verletzungen des Diskriminierungsverbotes
Art. 4 Formen der Diskriminierung
1 Eine unmittelbare (direkte) Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person oder Gruppe wegen eines oder mehrerer der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Gründe eine weniger günstige Behandlung als eine Person in einer vergleichbaren Situation oder eine anderweitige Herabsetzung erfährt, erfahren hat oder erfahren würde und diese nicht nach Artikel 5 gerechtfertigt ist. Eine unmittelbare Diskriminierung liegt ebenfalls vor, wenn die Person, die die Benachteiligung oder Herabsetzung begeht, das Vorliegen eines oder mehrerer der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Gründe nur annimmt.
2 Eine mittelbare (indirekte) Diskriminierung liegt vor, wenn Vorschriften, Kriterien oder Verfahren, die nicht an einen in Artikel 2 Absatz 1 genannten Grund anknüpfen, eine Person oder Gruppen wegen eines oder mehrerer der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Gründe gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen oder in ihrer Person herabsetzen, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind nach Artikel 5 gerechtfertigt.
3 Die Verweigerung einer angemessenen Vorkehrung ist eine Diskriminierung, wenn dadurch eine notwendige und geeignete Änderung und Anpassung verweigert wird, die keine unverhältnismässige Belastung darstellt und die, wenn sie in einem bestimmten Fall erforderlich ist, vorgenommen wird, um zu gewährleisten, dass Menschen aufgrund eines oder mehrerer der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Gründen rechtliche Ansprüche geniessen oder ausüben können.
4 Eine Diskriminierung im Sinne der Absätze 1-3 liegt auch vor:
- a. wenn sie assoziiert erfolgt, indem eine Person oder eine Gruppe eine weniger günstige Behandlung erfährt, weil eine mit ihr familiär, persönlich, beruflich oder anderweitig nahe verbundene Person tatsächlich oder zugeschrieben Trägerin eines oder mehrerer der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Merkmale ist.
- b. durch Anweisung, insbesondere wenn jemand eine Person oder Gruppe zu einem Verhalten bestimmt, das eine andere Person wegen eines oder mehrerer der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Gründe diskriminiert oder diskriminieren kann.
- c. durch Unterlassen, das eine Diskriminierung nicht beendet oder zu einer Diskriminierung führt, sofern eine gesetzliche oder berufs- und branchenethische Pflicht zum Tätigwerden besteht.
Art. 5 Rechtfertigung von Ungleichbehandlung
1 Eine Ungleichbehandlung aufgrund eines oder mehrerer der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Gründe ist nur durch eine qualifizierte Begründung gerechtfertigt, wenn sie durch ein rechtmässiges Ziel sachlich begründet und verhältnismässig ist.
2 Eine Ungleichbehandlung ist auch gerechtfertigt, wenn durch geeignete und angemessene Massnahmen bestehende Nachteile strukturell benachteiligter Personen wegen eines oder mehrerer der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Gründe verhindert oder ausgeglichen werden sollen (positive Massnahmen).
3 Erfolgt eine Ungleichbehandlung wegen mehrerer in Artikel 2 Absatz 1 erwähnten Gründe (mehrdimensionale Diskriminierung) wie z.B. als Mehrfachdiskriminierung oder aufgrund des Zusammenwirkens mehrerer Gründe (intersektionale Diskriminierung), ist diese nur gerechtfertigt, wenn sich die Rechtfertigung auf alle Gründe erstreckt, derentwegen die Ungleichbehandlung erfolgt.
Art. 6 Verbot von Rachemassnahmen
1 Eine Ungleichbehandlung wegen der Inanspruchnahme von Rechten dieses Reglements oder wegen der Weigerung, eine gegen dieses Reglement verstossende Anweisung auszuführen, ist verboten. Gleiches gilt für die Benachteiligung einer Person, die eine andere Person hierbei unterstützt oder als Zeug*in aussagt.
2 Die Zurückweisung oder Duldung diskriminierender Verhaltensweisen durch die betroffene Person darf nicht als Grundlage für eine Entscheidung herangezogen werden, die diese Person berührt.
3. Abschnitt: Durchsetzung des Diskriminierungsverbotes
Art. 7 Rechtsansprüche und Rechtspflege
1 Wer von einer Diskriminierung im Sinne der Artikel 4 bis und mit 6 durch eine städtische Behörde betroffen ist oder wem eine solche droht, kann sich gestützt auf das geltende Recht auf dem ordentlichen Rechtsweg zur Wehr setzen und beantragen:
- a. eine drohende Diskriminierung zu verbieten oder zu unterlassen;
- b. eine bestehende Diskriminierung zu beseitigen;
- c. eine Diskriminierung festzustellen, wenn diese sich weiterhin störend auswirkt;
- d. ihm*ihr gegenüber den durch die Diskriminierung entstandenen materiellen Schaden durch den*die Schädiger*in zu ersetzen;
- e. ihm*ihr gegenüber den durch die Diskriminierung entstandenen immateriellen Schaden durch Geld oder in anderweitiger Form wiedergutzumachen.
2 Wer eine Verletzung einer Diskriminierung geltend macht, hat Anspruch auf die beschwerdefähige Verfügung:
- a. Verfügungen untergeordneter Organisationseinheiten unterliegen der Beschwerde an die Direktion, sofern gegen deren Entscheid Verwaltungsbeschwerde beim Regierungsstatthalteramt erhoben werden kann.
- b. Schreibt das kantonale Recht eine Möglichkeit zur Einsprache vor, ist die gemeindeinterne Beschwerde gegen den Entscheid der Einsprache ausgeschlossen.
- c. Bei Verfügungen auf dem Gebiet der behördlichen Einzelfallhilfe an Bedürftige ist das gemeindeinterne Rechtsmittel ausgeschlossen.
3 Das Verfahren richtet sich nach dem Gesetz vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege. Das gemeindeinterne Beschwerdeverfahren ist kostenlos.
Art. 8 Ombudsstelle
Ausserdem steht jeder Person, die von einer Diskriminierung im Sinne von Artikel 4-6 betroffen ist oder der eine solche droht der Weg an die städtische Ombudsstelle offen.
Art. 9 Untersuchung von Amtes wegen
Besteht der Anschein, dass eine Organisation im Sinne von Artikel 3 Absätze 1 und 2 eine Diskriminierung begeht, ist der Gemeinderat berechtigt, von sich aus eine Untersuchung einzuleiten und Massnahmen zu ergreifen. Handelt es sich um eine Diskriminierung, die wiederholt erfolgt, ist der Gemeinderat verpflichtet, eine Untersuchung einzuleiten und Massnahmen zu ergreifen.
4. Abschnitt: Verpflichtungen zur Beseitigung und Verhinderung struktureller Diskriminierung
Art. 10 Verhinderung und Beseitigung institutioneller Diskriminierung
1 Die Verhinderung und Beseitigung jeder Form von Diskriminierung ist durchgängiges Leitprinzip bei allen Massnahmen der Stadt. Regeln, Aufbau, Abläufe und Prozesse gewährleisten, dass die Verwaltung ihre Leistungen im Sinne diese Reglements erbringen kann.
2 Die Stadt sorgt insbesondere durch Fortbildung, Qualifizierungsmassnahmen sowie prozessorientierte Entwicklung der Verwaltungsorganisation dafür, dass ihre Mitarbeitenden die rechtlichen Grundlagen kennen und sie über die praktischen
Hilfestellungen verfügen, die zur Umsetzung dieses Reglements notwendig sind.
3 Ausserdem sorgt die Stadt mittels administrativer und rechtlicher Massnahmen, dass das Diskriminierungsverbot auch im privaten Handeln angemessen Wirksamkeit entfaltet. Zur Umsetzung nutzt sie unter anderem polizei-, beschaffungs-, subventions- und konzessionsrechtliche Instrumente.
Art. 11 Programme und Förderung von Nichtdiskriminierung und Vielfalt
1 Die Stadt ist verpflichtet, Programme mit thematischen Schwerpunkten zur Förderung einer Kultur der Nichtdiskriminierung, Wertschätzung und Vielfalt durchzuführen. Zur Umsetzung nutzt sie unterschiedliche Strategien, Ansätze und Formate wie insbesondere die Vermittlung von Informationen, Sensibilisierung, Förderung der Erinnerungskultur und Beratung.
2 Die Stadt gewährt gemeinnützigen privaten Organisationen finanzielle und fachliche Unterstützung für Projekte zur Bekämpfung von Diskriminierung und Förderung der Vielfalt.
Art. 12 Schutz vor algorithmischer Diskriminierung
Der Gemeinderat sorgt im Rahmen seiner Zuständigkeit mit allen erforderlichen rechtlichen und administrativen Mitteln dafür, dass der Einsatz von Systemen der Künstlichen Intelligenz und algorithmische Systeme nicht zu einer Diskriminierung führt.
5. Abschnitt: Institutionelle Vorkehrungen
Art. 13 Fachstelle zur Bekämpfung von Diskriminierung
1 In der Präsidialdirektion wird eine Fachstelle zur Koordination der Bekämpfung von Diskriminierung und Förderung der Teilhabe angesiedelt. Zu ihren Aufgaben gehören insbesondere:
- a. die Sensibilisierung für die von Diskriminierung ausgehenden Gefahren;
- b. die Information der Organisationen im Sinne von Artikel 3 Absätze 1-2, juristischer Personen in privater Hand und der Bevölkerung über die rechtlichen Grundlagen zur Bekämpfung von Diskriminierung und Förderung der Teilhabe;
- c. die Unterstützung der Organisationen im Sinne von Artikel 3 Absätze 1 und 2 bei der Umsetzung der Massnahmen im Sinne von Artikel 10;
- d. die Umsetzung der Programme und Förderung nach Artikel 11;
- e. die Analyse und Untersuchungen im Bereich der Bekämpfung von Diskriminierung und Förderung der Teilhabe;
- f. die Koordination der Tätigkeiten der auf diesem Gebiet tätigen öffentlichen sowie privaten Einrichtungen;
- g. die administrative Arbeit der Kommission für Diskriminierungs- und Teilhabefragen im Sinne von Artikel 14.
2 Die Fachstelle übernimmt die in Absatz 1 dieses Artikels genannten Aufgaben subsidiär, wo keine anderweitigen Zuständigkeiten bestehen. Sie kooperiert eng insbesondere mit weiteren, in Diskriminierungs-, Teilhabe-, lnklusions- und Diversitätsfragen spezialisierte Fachstellen und unterstützt diese bei ihrer Arbeit. Hierzu leitet sie eine vom Gemeinderat eingerichtete verwaltungsinterne Fachkonferenz für Diskriminierungs- und Teilhabefragen. Zu den Aufgaben der Fachkonferenz gehören insbesondere:
- a. die Förderung einer städtischen Kultur der Vielfalt, Teilhabe und Inklusion;
- b. die Bekämpfung mehrdimensionaler Diskriminierung;
- c. die Bekämpfung neuer Formen der Diskriminierung wie z.B. algorithmische Diskriminierung;
- d. die Vorbereitung des Berichts im Sinne von Artikel 17 dieses Reglements;
- e. die Erarbeitung von Vorschlägen für Präventions- und Interventionsmassnahmen sowie Massnahmen zur Weiterentwicklung des Antidiskriminierungs- und Teilhaberecht und dessen Umsetzung;
- f. die fachliche Unterstützung der Fachkommission im Sinn von Artikel 14.
Art. 14 Fachkommission für Diskriminierungs- und Teilhabefragen
1 Der Gemeinderat setzt zusätzlich zu den bestehenden Fachkommissionen die Fachkommission für Diskriminierungs- und Teilhabefragen ein mit folgenden Aufgaben:
- a. Sie analysiert gesellschaftlich verbreitete und neue Formen von Diskriminierung und Teilhabehindernissen im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 dieses Reglements und erarbeitet dazu Vorschläge und Empfehlungen zu Massnahmen gegen Diskriminierung und zur Förderung der Teilhabe;
- b. sie bringt Fachwissen und Praxiserfahrung von Aussenstehenden ein;
- c. sie pflegt Kontakte zu Organisationen im Bereich der Bekämpfung von Diskriminierung und Förderung der Teilhabe;
- d. sie wirkt bei Geschäften zu Bekämpfung von Diskriminierung und Förderung der Teilhabe mit;
- e. sie analysiert möglichen Konflikte der Interessen des Diskriminierungsschutzes untereinander und zwischen Interessen des Diskriminierungsschutzes und anderen öffentlichen Interessen bei Gesetzgebungsvorhaben und wichtigen Verwaltungsprojekten. Sie macht Vorschläge zur Gewährleistung eines gerechten Ausgleichs dieser Interessen.
- f. sie kann zuhanden der Behörden Anträge stellen;
- g. sie kann zu wichtigen Themen öffentlich Stellung beziehen.
2 Stadtrat, Gemeinderat und Stadtverwaltung sind verpflichtet, die Fachkommission bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen, insbesondere ihr die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, damit sie ihre Aufgaben nach Absatz 1 dieses Artikels effektiv ausüben kann.
Art. 15 Unabhängige Anlaufstelle gegen Diskriminierung
1 Der Gemeinderat stellt sicher, dass Menschen, die aufgrund von Diskriminierung Rat benötigen, sich an eine unabhängige Anlaufstelle wenden können.
2 Die Anlaufstelle ergänzt das bestehende Angebot rechtlicher und psychosozialer Beratung sowie der Fach- und Projektberatung.
6. Abschnitt: Schlussbestimmungen
Art. 16 Änderungen bisherigen Rechts
Die Änderungen bisherigen Rechts werden im Anhang geregelt.
Art. 17 Übersetzung
Der Gemeinderat sorgt dafür, dass dieses Reglement, weiterführende Regelungen sowie das zu ihrer Umsetzung notwendige allgemein zugängliche Informationsmaterial auf die am häufigsten gesprochenen Sprachen in der Berner Bevölkerung und in leichter Sprache zur Verfügung stehen.
Art. 18 Evaluation dieses Reglements
1 Der Gemeinderat sorgt für die Evaluation der Wirksamkeit dieses Reglements.
2 Er legt dem Stadtrat den ersten Evaluationsbericht spätestens 5 Jahre nach Inkrafttreten dieses Reglements vor und danach alle 4 Jahre.
Begründung
Die Um- und Durchsetzung des Diskriminierungsverbotes ist ein zentraler Pfeiler des demokratischen Rechtsstaates, stärkt den sozialen Zusammenhalt und fördert die Selbstbestimmung. Aktuell sind die Grundlagen im Berner Stadtrecht und in der Verwaltung ungenügend, um eine gerechte und den gesellschaftlichen Herausforderungen angemessene Umsetzung der Diskriminierungsverbote zu unterstützen, indem Diskriminierung verhindert, verringert und beseitigt wird. Zum Beispiel sind Armutsdiskriminierung, die Diskriminierung aufgrund der sozioökonomischen Situation sowie Diskriminierung aufgrund des Lebensalters noch zu wenig im Blick.
Aber auch für sämtliche Gruppen übergreifende Probleme wie z.B. mehrdimensionale Diskriminierungen und Diskriminierung durch Künstliche Intelligenz, die zudem Risiken für neue Diskriminierungen und Stigmatisierungen bergen, gibt es noch keine angemessenen Lösungen.
Mit der Anpassung der Gemeindeordnung sowie dem Erlasse eines Reglements zur Um- und Durchsetzung soll rechtlich gesichert werden, dass sämtliche Dimensionen, Formen und Bereiche der Diskriminierung vom Recht erfasst werde sowie institutionell-organisatorische Instrumente für ihre Bekämpfung und Früherkennung neuer Entwicklungen geschaffen werden. Auch soll damit unmissverständlich signalisiert werden, dass der umfassende Schutz aller Gruppen vor jeder Form von Diskriminierung zentraler Wert der Stadt ist.
Mit einem spezialisierten Regelwerk zur Bekämpfung von Diskriminierung wird die Stadt Bern zum Vorbild für weitere Gemeinden im Kanton, den Kanton Bern sowie ausserkantonale Städte. In Zeiten, in denen die Demokratie global, national und regional massiv unter Druck ist, ist es von besonderer Bedeutung, Solidarität und Zusammenhalt durch einen gerechten Umgang mit Vielfalt und Differenz zu unterstützen. Daher wird im vorgeschlagenen Artikel zur Gemeindeordnung auch klar gemacht, dass ein Ausbau des Diskriminierungsschutzes nur funktionieren kann, wenn damit auch zusätzliche Mittel gesprochen werden. Mit dem im Vorstoss mitgelieferten Vorschlag für ein Umsetzungsreglement soll aufgezeigt werden, welche Elemente nach Ansicht der Motionärinnen darin enthalten sein sollten, um einen gerechten und effektiven rechtlichen Rahmen bieten zu können.
Bern, 11. September 2025