Grünlinks: Wieso braucht es am 28. September 2025 ein Ja zur Miet-Initiative?

Rahel Ruch: Die Mieten im Kanton Bern sind in den letzten 20 Jahren um 30 Prozent gestiegen. Ein Problem, das wohl alle Mieter*innen kennen, ist, dass viele Vermieter*innen die Mieten bei Mietwechseln erhöhen, auch wenn es keine wertsteigernden Sanierungsmassnahmen gab. Die Diskrepanz zwischen den effektiven und den korrekten Mieten wird damit immer grösser. Die Initiative verfolgt daher zwei Ziele: Transparenz und bezahlbare Mieten. Mit der Formularpflicht – wie es Art. 270 Abs. 2 OR bereits vorsieht – werden die Vormieten transparent gemacht. Die Transparenz dämpft zudem den Missbrauch.

Grünlinks: Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Wieso wehren sich die rechtsbürgerlichen Parteien dennoch dagegen?

Rahel Ruch: An erster Stelle kämpft vor allem der Hauseigentümerverband (HEV) dagegen und hat entsprechend Einfluss genommen auf die Vertreter*innen im Grossen Rat. Die Argumente des HEV sind völlig lächerlich. Sie sagen, dass die Verwendung eines Formulars ein zu grosser Aufwand sei. Angesichts dessen, dass bereits heute die Kündigung mit amtlichem Formular erfolgt, ist das völlig unverständlich. Mieter*innen müssen bereits heute zig Unterlagen und Dokumente für jede Bewerbung einreichen. Die Vermieter*innen sitzen klar am längeren Hebel. Die Mieter*innen sind jene, die sich aktiv gegen unfaire Praktiken wehren müssen.

Grünlinks: Das zeigt sich ja etwa bei den Zinssenkungen.

Rahel Ruch: Genau. Die Vermieter*innen müssen nicht einmal eine Zinssenkung automatisch weitergeben. Eine Studie des Büros für arbeits- und sozialpolitische Studien (BASS) hat gezeigt, dass 2021 die Vermieter*innen 10 Milliarden an zu hohen bzw. gesetzlich nicht zulässigen Mieten eingestrichen haben. Die Initiative wird daher nicht alle Mietprobleme lösen, ist aber ein wichtiges Puzzleteil im Kampf für faire und bezahlbare Mieten.

Grünlinks: Welche Kantonsteile sind besonders von erhöhten Mieten betroffen?

Rahel Ruch: Ich möchte hervorheben, dass überhöhte Mieten nicht nur ein städtisches Problem sind. Gerade auch Tourismusgebiete sind stark betroffen. Im Verwaltungskreis Interlaken-Oberhasli betrug 2024 die Leerwohnungsziffer 0.58 Prozent und lag damit klar unter den in der Initiative vorgesehenen 1.5 Prozent. In Bern waren es 0.44 Prozent.

Grünlinks: Und was müsste konkret in der Stadt Bern gegen die steigenden Mieten unternommen werden?

Rahel Ruch: Die Stadt macht schon viel, dort wo sie kann; Günstige Wohnung bauen, Auflagen mit Vermieter*innenkriterien etc. Auf private Wohnung ist der Einfluss jedoch gering. Eine Ausnahme ist etwa die Auflage von 30 Prozent gemeinnützen Wohnung bei Neubauten. In der Stadt Bern sind 80 Prozent der Wohnung vor 1970 gebaut worden. Es werden daher in Zukunft viele Sanierungen anstehen. Als GB begrüssen wir, wenn die Gebäude energetisch saniert werden, doch viele Immobilienfirmen werden nicht oder nicht nur energetisch sanieren, sondern mit unnötigen Komfortsteigerungen die Mieten massiv erhöhen.

Grünlinks: Dann bräuchte es eine Mietzinskontrolle in der Stadt Bern?

Rahel Ruch: Die Mietzinskontrolle wäre ein weiteres wichtiges Instrument, um etwa bei Sanierungen oder bei einer tiefen Leerwohnungsziffer auf unfaire Private einzugreifen. Unter diesen Umständen wäre eine Einführung auf kommunaler Ebene auch zulässig. Ein entsprechender überparteilicher Vorstoss des GB wurde vom Stadtrat angenommen. Auch hier ist zu erwähnen, dass dieses Instrument nichts Neues ist. Bis in die 70er Jahre gab es eine staatliche Mietzinskontrolle.

Grünlinks: Was bleibt zu tun?

Rahel Ruch: Alle Menschen fleissig für die Abstimmung mobilisieren, damit der Kanton Bern der zehnte Kanton wird, der für transparente und bezahlbare Mieten sorgt. Faire Vermieter*innen müssen dafür sein, Mieter*innen sowieso.

Stefan Dietiker, Redaktion grünlinks