Auftrag

Dem Gemeinderat wird wie folgt beauftragt: 

  1. Der Gemeinderat definiert einen in naher Zukunft zu realisierenden Schulhausneubau, bei dem im Rahmen eines Pilotprojekts barrierefreies und inklusives Bauen priorisiert wird.
  2. Der Schulhausbau soll in Bezug auf Hindernisfreiheit und Inklusion über die Norm SIA 500 hinausgehen, indem sie neben Körper-, Seh- oder Hörbehinderung auch andere Formen von Behinderungen, insbesondere auch psychische und geistige Behinderungen berücksichtigt.

Begründung

Stadt Bern baut hindernisfreie Schulhäuser. Sie orientiert sich dabei unter anderem an der Bundesverfassung, Artikel 8 [1], der Rechtsgleichheit und Schutz vor Diskriminierung garantiert, am Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) [2], am Baugesetz des Kantons Bern [3], das zum Beispiel Lifte für Gebäude ab vier Stockwerken vorsieht und an der SIA-Norm 500 [4] der Schweizerischen Fachstelle für hindernisfreie Architektur, einer Norm für hindernisfreies Bauen. Hochbau Stadt Bern verweist zusätzlich auf die Behindertengleichstellungsverordnung (BehiV), die Bauverordnung (BauV) 1985/2000 das Dekret über das Baubewilligungsverfahren (BewD) und das Gesetz über Bau und Unterhalt der Strassen 1964/2004 (Art. 24d, 33). Anlehnend an diese gesetzlichen Normen und Grundlagen formuliert Hochbau Stadt Bern folgenden Grundsatz des Hindernisfreien Bauens: «Bauten und Anlagen sind möglichst so zu gestalten, dass sie für ältere und für behinderte Personen (Geh-, Seh- oder Hörbehinderung) gut erreichbar und benutzbar sind und keine vermeidbaren Verletzungsgefahren schaffen.» [5] Dieser Fokus auf körperliche Behinderungen, insbesondere Geh- Seh- und Hörbehinderungen passt zu den bestehenden gesetzlichen Normen und Grundlagen. Zwei Beispiele: SIA-Norm 500 formuliert für öffentlich zugängliche Bauten, wozu Schulhäuser gehören, Ansprüche, die erfüllt werden müssen, damit Menschen mit Körper-, Seh- oder Hörbehinderung Zugang zu den Einrichtungen haben, ohne die Hilfe Dritter zu benötigen. [6] Das Baugesetz des Kantons Bern regelt im Artikel 22 (Vorkehren für Behinderte) vor allem die Rollstuhlgängigkeit von Bauten, im Artikel 23 (Bauten und Anlagen mit Publikumsverkehr) wird die allgemein gehaltene Vorschrift erlassen, «bei der baulichen Gestaltung der für das Publikum bestimmten Gebäudeteile» sei «auf die Bedürfnisse behinderter Gebäudebenützer Rücksicht zu nehmen.» [7] Die Vorschriften und Normen bei Bauprojekten fokussieren stark auf Menschen mit körperlichen Behinderungen, die Hindernisfreiheit und lnklusion von Menschen mit psychischen oder geistigen Behinderungen wird oft nicht explizit erwähnt. Für die lnklusion von Menschen – im Bereich Schule insbesondere Schüler*innen – mit geistiger oder psychischer Behinderung sind andere Massnahme wichtig als für die Inklusion von Menschen mit körperlicher Behinderung: Es braucht beispielsweise Rückzugsräume, eine visuell reizarme Umgebungsgestaltung, eine überschaubare Raumaufteilung, beruhigende Farben und Materialien, schallschluckende Decken oder eine Lichtgestaltung, die starkes Kunstlicht oder Flackern vermeidet. Damit öffentliche Einrichtungen für Menschen mit psychischen und geistigen Behinderungen inklusiv werden, braucht es also Massnahmen, die bei den bestehenden Normen und Grundlagen nicht vorgesehen sind. Aus diesem Grund fordern wir den Gemeinderat dazu auf, als Pilotprojekt bei einem Schulhausbau die lnklusion von Menschen mit unterschiedlichen Behinderungsformen ins Zentrum zu stellen, mit der Absicht, künftig bei allen Bauprojekten unterschiedliche Behinderungsformen mitzuberücksichtigen.

Bern, 26. Juni 2025

[1] https://fedlex.data.admin.ch/filestore/fedlex.data.admin.ch/eli/cc/1999/404/20220213/de/pdf-a/fedlex-data-admin-ch-eli-cc-1999-404-20220213-de-pdf-a-4.pdf

[2] Behindertengleichstellungsgesetz BehiG

[3] Baugesetz Kanton Bern

[4] SIA 500 „Hindernisfreie Bauten“ / Hindernisfreie Architektur

[5] Hindernisfreies Bauen / Hochbau Stadt Bern

[6] Öffentlich zugängliche Bauten / Hindernisfreie Architektur

[7] Baugesetz Kanton Bern