Interfraktionelle Motion: Keine Anpassung der Baurechts- und Pachtverträge für die Freiflächen-Photovoltaikanlage „Belpmoos Solar“
Interfraktionelle Motion GB/JA!, Juso, AL/PdA/TiF (Jelena Filipovic, GB / Nora Joos, JA! / Sofia Fisch, Juso / David Böhner AL, PdA, TiF)
Auf dem Gelände des Flughafen Bern-Belp wird die bisher grösste Freiflächen-Solaranlage der Schweiz „Belpmoos Solar“ geplant. Die Freiflächenanlage ist auf der wahrscheinlich grössten noch zusammenhängenden Trockenwiese im Mittelland projektiert. Trockenwiesen sind Lebensräume von grosser ökologischer Bedeutung. Der Bau einer Freiflächenanlage gefährdet diese.
Solarenergie spielt eine zentrale Rolle in der Energiewende. Photovoltaik hat das grösste Ausbaupotenzial. Alleine mit Solarenergie von Dächern, Fassaden und Infrastrukturen könnte mehr als der heutige Strombedarf der gesamten Schweiz gedeckt werden. Das Projekt «Belpmoos Solar» setzt aber falsch an: Anstelle anerkannter schützenswerte Gebiete, wie das Belpmoos zu verbauen, gehören Solaranlagen prioritär auf bestehende Bauten. Die Energiewende darf nicht auf Kosten von Biodiversität und Naturschutz geschehen!
Im Stadtrat war das Projekt «Belpmoos Solar» bereits Thema. In kürzlich eingereichten Interpellationen werden Fragen zur Umweltverträglichkeit und zu energiepolitischen Aspekten gestellt, sowie vorsichtige Kritik eines Greenwashings aufgeworfen. [1]
Die Stadt Bern ist Grundeigentümerin der Fläche, auf welcher die Solaranlage geplant ist. Der Fonds für Boden- und Wohnbaupolitik hat im Namen der Stadt mit der Flughafen Belp AG (FBAG) ein Vertragswerk aus Baurechts- und Pachtverträgen. Der Bau der Solaranlage auf dem Flughafenareal und die damit verbundene Nutzungsänderung bedingen eine Anpassung der Zweckbestimmungen dieses Vertragswerks. Jede Zweckänderung verlangt die Zustimmung der Stadt durch den Fonds. Der Bau einer Freiflächen-Solaranlage widerspricht jedoch den städtischen Zielen.
Das behördenverbindliche Biodiversitätskonzept 2025-2035 [2] definiert das Ziel von 20% Biodiversitätsförderflächen (BFF) auf landwirtschaftlichen Nutzflächen im Eigentum der Stadt. Die von der Stadt gepachteten Flächen der FBAG sind als BFF klassifiziert. Deren Wegfall durch den Bau einer Freiflächen-Solaranlage verstösst gegen die städtischen Biodiversitätsziele und hat langfristige Folgen für die Biodiversität. Beim Belpmoos handelt es sich um die wahrscheinlich letzte grössere Trocken- und Magerwiese des Mittellandes, deren Aufnahme ins Inventar der Biotope von nationaler Bedeutung 2023 beim BAFU pendent war — bis sich das kantonale Amt für Natur und Landwirtschaft (LANAT) mit Verweis auf die Bauvorhaben um eine nachträgliche Entfernung bemühte. [3] [4]
Anstatt auf freien biodiversitätswirksamen Flächen, soll das Solarpotenzial auf bestehenden Infrastrukturen ausgenutzt werden. In der Stadt Bern werden aktuell lediglich 4 % des theoretischen Solarpotenzials der Dachflächen genutzt (entspricht etwa 10 GVVh) — noch weit entfernt vom Zielwert der Energiestrategie mit 70 GVVh bis 2035 auf städtischem Boden. Um dieses Ziel zu erreichen, muss EWB vermehrt und schneller PV-Anlagen auf der städtischen Infrastruktur realisieren, anstatt bei Freiflächen-Solaranlagen mitzumachen.
Die aktuell finanziell angeschlagene FBAG will sich zudem mit Erträgen aus einer neuen Mantelnutzung eine langfristige finanzielle Selbständigkeit sichern. Zu diesem Zweck wurde eine eigene Aktiengesellschaft, die Belpmoos Solar AG, gegründet. An dieser AG hält die FBAG 39 %. Die restlichen % besitzen staatliche Unternehmen: 51% die BKW, welche zu einer Mehrheit dem Kanton Bern gehört, und 10% dem öffentlichen Energieunternehmen EWB. Die öffentlichen Mittel stemmen durch diese Konstellation einen Grossteil des Solarprojekts, dessen «Erträge langfristig die finanzielle Selbständigkeit der Flughafen Bern AG sichern». [5] Eine Quersubvention des Flughafen Bern-Belp mittels dem Projekt «Belpmoos Solar» widerspricht den städtischen Klima- und Energiezielen. Privatjets sind klimaschädlich und keine zukunftsfähige Mobilitätsform.
Aus diesen Gründen wird der Gemeinderat beauftragt, die Baurechts- und Pachtverträge nicht anzupassen, eine Quersubventionierung des Flughafen Bern-Belp zu verhindern, sowie die nötigen Schritte für die Biodiversitätsförderung beim Belpmoos und den weiteren Ausbau der PV-Anlagen auf städtischen Infrastrukturen einzuleiten.
Für den Vorstoss wird Dringlichkeit verlangt, da Belpmoos Solar AG gemäss eigenen Angaben mit der Baueingabe zu Beginn des Jahres 2025 und der öffentlichen Auflage im Sommer 2025 rechnet. Die Motion ist vorher zu behandeln.
Der Gemeinderat wird beauftragt:
- Keine Zweckänderung (Solarkraftwerk anstelle der Flughafeninfrastruktur),
sonstige Anpassungen oder Kündigungen der Baurechts- und Pachtverträge
zwecks Erstellung einer Freiflächen-Photovoltaikanlage (Projekt «Belpmoos
Solar») zuzulassen. - Alle Anpassungen von Baurechts- und Pachtverträgen mit der Flughafen Belp
AG zu veröffentlichen. - Das finanzielle Engagement von EWB bei Belpmoos Solar AG transparent zu
machen. - Die nötigen Schritte einzuleiten,
- um die städtischen Biodiversitätsziele auf den Flächen des Belpmoos zu
erreichen. - um in der Energie- und Klimastrategie aufzunehmen, dass die Priorität
des Photovoltaik-Ausbaus auf bestehende Infrastruktur (bspw. städtische
Dachflächen) zu setzen ist.
- um die städtischen Biodiversitätsziele auf den Flächen des Belpmoos zu
Bern, 23.01.2025
Erstunterzeichnende: Jelena Filipovic, Nora Joos, Sofia Fisch, David Böhner
Mitunterzeichnende: Lea Bill, Anna Leissing, Mirjam Arn, Mirjam Läderach, Franziska Geiser, Muriel Graf, Matteo Micieli, Tobias Sennhauser, Seraphine Iseli, Katharina Gallizzi, Sarah Rubin, Anna Jegher, Ronja Rennenkampff
[1] https://gbbern.ch/blog/vorstoesse/interfraktionelle-interpellation-wie-ist-das-projekt-belpmoos-solar-mit-den-klima-und-energiepolitischen-zielen-tatsaechlich-vereinbar-ohne-den-anschein-von-greenwashing-zu-erwecken
[2] https://www.bern.ch/themen/umwelt-natur-und-energie/stadtnatur/biodiversitaet
[3] https://www.woz.ch/2305/naturschutz-und-energie/das-unterschlagene-biotop/!B49BYQ4NHYT7
[4] https://www.republik.ch/2023/11/28/damit-die-prominenz-weiter-abheben-kann
[5] https://www.republik.ch/2023/11/28/damit-die-prominenz-weiter-abheben-kann