Motion: Fleisch servieren an Berner Nachhaltigkeitstagen – ernsthaft?
Franziska Geiser (GB), Ronja Rennenkampff (JA!)
Auftrag
Der Gemeinderat wird beauftragt:
- Im Dokument „Kriterien Gastroangebot Berner Nachhaltigkeitstage“ Fleisch, Fisch und Meerestiere als Bestandteil des Gastroangebots explizit auszuschliessen.
- In denselben Kriterien verbindlich festzuschreiben, dass an allen Veranstaltungen der Berner Nachhaltigkeitstage vegane Optionen angeboten werden.
- Das Amt für Umweltschutz zu beauftragen, diese Anpassungen konsequent umzusetzen und gegenüber den Veranstaltenden zu kommunizieren.
Begründung
Jeweils im Spätsommer organisiert die Stadt Bern die Berner Nachhaltigkeitstage (BNT). Das vom Amt für Umweltschutz definierte Dokument «Kriterien Gastroangebot Berner Nachhaltigkeitstage» stellt hierfür die Anforderungen an die Gastronomie dar. Derzeit ist darin jedoch weder ein Verzicht auf Fleisch vorgesehen noch eine Verpflichtung für mindestens ein veganes Angebot. [1]
Besonders augenfällig wird der Widerspruch beim Gastroangebot einzelner BNT-Anlässe, wie etwa im Restaurant Werkhof im September 2025, wo die Gäste lediglich zwischen fleischhaltigen und vegetarischen Menüs wählen können.
An Nachhaltigkeitstagen Fleisch anzubieten, untergräbt die Glaubwürdigkeit des gesamten Formats. Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen klar, dass eine pflanzenbasierte Ernährung massgeblich zum Klimaschutz, zur Biodiversität und zur öffentlichen Gesundheit beiträgt. Laut Poore und Nemecek (2018) beansprucht die Produktion tierischer Lebensmittel weltweit 83 °A der landwirtschaftlich genutzten Fläche, liefert jedoch nur 18 % der konsumierten Kalorien. [2]
Die Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT) weist zudem darauf hin, dass in der Schweiz rund 90 % der landwirtschaftlichen Ammoniak-Emissionen aus der Nutztierhaltung stammen — mit erheblichen Belastungen für Umwelt, Gesundheit und Biodiversität. Deshalb empfiehlt die SCNAT, den Anteil pflanzlicher gegenüber tierischen Proteinen deutlich zu erhöhen. [3]
Gemäss dem wissenschaftlichen Leitfaden von Fesenfeld et al. müsste der Fleischkonsum in der Schweiz bis 2030 von heute rund 100 g pro Person und Tag auf höchstens 50 g halbiert werden, während gleichzeitig der Konsum von Hülsenfrüchten und Nüssen vervielfacht werden müsste. Diese Umstellung sei unabdingbar, um die Klimaziele und die nachhaltige Nutzung der Ressourcen zu erreichen. [4] Auch der Bund empfiehlt der Bevölkerung eine Fleischreduktion. [5]
Auch Fisch und Meeresfrüchte sind aus ökologischer Sicht problematisch: Weltweit gelten rund 35 % der Bestände als überfischt [6], Beifang tötet jedes Jahr hunderttausende Delfine, Schildkröten und Seevögel, und zerstörerische Fangmethoden wie Grundschleppnetze vernichten ganze Meeresökosysteme. [7] In der Aquakultur entstehen erhebliche Umweltbelastungen durch Antibiotika [8], Nährstoffeinträge und den Einsatz von Futtermitteln aus Wildfisch [9] und Soja, was wiederum Überfischung und Entwaldung in anderen Regionen anheizt. Damit trägt auch der Fischkonsum der Stadt Bern direkt zu globalen Biodiversitätsverlusten und Klimaemissionen bei – ein Widerspruch zu den eigenen Nachhaltigkeitszielen.
Die Stadt Bern hat 2019 den Klimanotstand ausgerufen und sich verpflichtet, klimawirksame Massnahmen entschlossen umzusetzen. Auch das städtische Konzept Nachhaltige Ernährung (KONE) sieht eine konsequente ökologische Ausrichtung der Verpflegung vor. Mit der «Energie- und Klimastrategie 2035» hat sich Bern zudem das Ziel gesetzt, den Ausstoss von 002-Äquivalenten pro Kopf von aktuell 4,4 Tonnen auf eine Tonne zu reduzieren. [10]
Der Verzicht auf Fleisch sowie im Minimum ein pflanzenbasiertes Menü an den Veranstaltungen der Berner Nachhaltigkeitstage trägt dazu bei, die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Sie würde ein starkes Signal setzen, dass Bern Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung ernst nimmt. Als öffentliche Institution trägt die Stadt eine besondere Verantwortung, gesellschaftlichen Wandel aktiv voranzutreiben und ihre Vorbildrolle konsequent wahrzunehmen.
Ein konsequent fleisch- sowie fischfreies und mindestens teilweise veganes Gastroangebot stärkt die Vorbildfunktion der Stadt Bern und ist ein notwendiger Schritt, um den Klimanotstand und die Energie- und Klimastrategie 2035 glaubwürdig umzusetzen.
[1] https://www.bern.ch/themen/umwelt-natur-und-energie/nachhaltigkeit/berner-nachhaltigkeitstage
[2] https://www.science.org/doi/10.1126/science.aaq0216
[4] https://sdsn.ch/wp-content/uploads/2023/02/Fesenfeld_etal_SDSN_Leitfaden_Ernaehrungszukunft.pdf
[7] https://www.nationalgeographic.com/environment/article/climate-change-bottom-trawling-fishing
[10] https://www.bern.ch/themen/umwelt-natur-und-energie/klima/energie-und-klimastrategie-2035/strategie