Katharina Gallizzi, GB; Franziska Geiser, GB; Mirjam Arn, GB

Die Wärmeversorgung der Stadt Bern verursachte 2021 mehr als die Hälfte der CO₂-Emissionen – dies ein Ergebnis des Controlling-Berichts zur Energie- und Klimastrategie. Um das Ziel im Klimareglement zu erreichen, die Emissionen im Bereich Wärme von heute 2.5 T CO₂ pro Kopf und Jahr auf 0,5 Tonnen zu senken, müssen wir deshalb in den nächsten Jahren in der ganzen Stadt massiv in den Umbau der Heizsysteme und in die energetische Verbesserung der Gebäudehüllen investieren.

Knapp 80% der Wohnungen in Bern wurden vor 1970 erbaut – viele davon müssen in naher Zukunft saniert werden. So ergibt sich die Chance, an zahlreichen Gebäuden energetische Sanierungen vorzunehmen.

Bei der Sanierung der Gebäudehüllen kann es jedoch zu einem Zielkonflikt zwischen der energetischen Verbesserung und dem Denkmal- und Ortsbildschutz kommen. Diesen Konflikten ist eine besondere Beachtung zu schenken, denn mehr als die Hälfte der Gebäude in der Stadt schützenswert, erhaltenswert oder gehört zu einer Bau- oder Strukturgruppe, das heisst, bei mehr als der Hälfte der Gebäude kann es zu diesem Zielkonflikt kommen [1].

Das Bauinventar kennt verschiedene Inventarstufen mit unterschiedlichem Schutzstatus. Es enthält Einzelobjekte, die entweder «schützenswert» oder «erhaltenswert» sein können. Für alle «schützenswerten» Gebäude und für alle «erhaltenswerten» Gebäude, die zu einer sogenannten Baugruppe gehören, ist der Kanton zuständig, das heisst, der Kanton bestimmt die Auflagen der Sanierungen.

In kommunaler Kompetenz liegen dagegen als erhaltenswert eingestufte Objekte, die nicht zu einer Baugruppe gehören. Neben den Einzelobjekten gibt es auch „Strukturgruppen“, das sind einheitlich geplante und ausgeführte Siedlungsstrukturen. Strukturgruppen dienen den Gemeinden als Grundlage für das Auszeichnen von Strukturerhaltungsgebieten in der baurechtlichen Grundordnung. Es gibt derzeit jedoch keine gesetzliche Grundlage, welche die Gemeinde zu einem bestimmten Schutz oder Umgang mit „Strukturgruppen“ zwingen würde[2]. Auf kommunaler Ebene gibt es entsprechend Gestaltungsspielraum für den Umgang mit solchen Gebäuden. Hier gibt es keine rechtlichen Einschränkungen von Sanierungsmöglichkeiten. Entscheidend ist hier die Einschätzung der Stadtbildkommission.

Im Zusammenhang mit energetischen Sanierungen kommen sowohl den inventarisierten Baugruppen wie den Strukturgruppen eine besondere Rolle zu[3]. Sie erstrecken sich teilweise über ganze Quartiere und die einzelnen Objekte gehören in der Regel einer Vielzahl von Eigentümer*innen. Die Gebäude, die einer Bau- oder einer Strukturgruppe zugeschlagen werden, haben einen homogenen Charakter, bzw. sind historisch zu Ensembles gewachsen, – sie sollen als Gruppe erhalten werden.

Um den Charakter einer Bau- oder Strukturgruppe zu erhalten, müsste also beispielsweise die Fassadenstruktur der ganzen Gruppe einheitlich bleiben. Das macht die energetischen Sanierungen von Fassaden bei verschiedenen Eigentümer*innen sehr schwierig, denn alle müssten sich einig sein und mehr oder weniger dieselben Eingriffe vornehmen. In Gegensatz zu den Baugruppen, die in kantonaler Kompetenz liegen, kann die Stadt Bern den Umgang mit Strukturgruppen bei Sanierungen selbst bestimmen.

Vor diesem Hintergrund bitten wir den Gemeinderat,

  1. aufzuzeigen, welche Hemmnisse der Denkmal- und Ortsbildschutz für die energetische Sanierung von Gebäuden, die in eine Strukturgruppe gefasst sind, darstellt.
  2. zu prüfen, wie bei Gebäuden in Strukturgruppen effiziente, energetische Sanierungen gefördert werden können.
  3. zu prüfen, welche Anpassungen nötig sind, damit bei Objekten des Bauinventars, die in kommunaler Verantwortung liegen, die Hürden für energetische Sanierungen abgebaut werden können.
  4. mit dem Kanton zu regeln, wie die Hürden gesenkt werden können, um energieeffiziente Sanierungen auch bei Baugruppen vorzunehmen.
  5. die Zusammensetzung der Stadtbildkommission zu überprüfen und hinsichtlich Fachkompetenzen im Bereich Nachhaltigkeit und Energieeffizienz anzupassen.

 

[1] Handelszeitung, 31.8.2022: «Überfällige Sanierung»

[2] https://www.bern.ch/mediencenter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/bern-erhaelt-ein-modernes-bauinventar/dokumente/faktenblatt-zum-entwurf-bauinventar-pdf-161-kb.pdf/view

[3] In Bern gibt es momentan 109 Bau- und Strukturgruppen.