Die Initiative fordert ein Minimum von brutto 23.80 Franken pro Stunde. Angesichts steigender Armut und der sinkenden Kaufkraft ist die Einführung eines Mindestlohns für SP, GB, GFL und den Gewerkschaftsbund Stand Bern und Umgebung eine dringende Notwendigkeit, um Armut trotz Arbeit zu bekämpfen.

Die Parteien SP, GB und GFL sowie der Gewerkschaftsbund der Stadt Bern haben heute an ihrer Medienkonferenz die Initiative „Ein Lohn zum Leben“ für einen Mindestlohn in der Stadt Bern präsentiert.  Die Initiative verlangt einen sozialpolitisch begründeten gesetzlichen Mindestlohn von brutto 23.80 Franken pro Stunde für alle Arbeitnehmer:innen, welche ihre Arbeit vollumfänglich oder mehrheitlich auf dem Gebiet der Stadt Bern verrichten. Ausnahmen sind für Praktika und Lernende vorgesehen. Die Höhe des Mindestlohns orientiert sich an den Ergänzungsleistungen des Kantons Bern (Grundbedarf, Miete, Krankenkasse) und den Lohnabzügen (AHV/IV/BVG).

Mindestlohn gilt auch in Branchen mit GAV

„Alle Menschen müssen von einer beruflichen Vollzeittätigkeit leben können. Alles andere ist sozialpolitisch nicht zu rechtfertigen“, sagt Stefan Wüthrich, Co-Präsident Gewerkschaftsbund Stadt Bern und Umgebung. Der Mindestlohn gilt auch für die Branchen mit Gesamtarbeitsverträgen (GAV) und kann von diesen nicht unterlaufen werden. Adrian Flükiger, Co-Präsident Gewerkschaftsbund Stadt Bern und Umgebung, führt aus: „Damit wird eine Aushöhlung des gesetzlichen Minimums verhindert und aufgezeigt, dass die Sozialpartnerschaft in gewissen Branchen Nachholbedarf hat.“

Mindestlohn für 8‘000 bis 10‘000 Beschäftigte

„Angesichts der sinkenden Kaufkraft, die untere Einkommen am stärksten trifft, sind gesetzliche Mindestlöhne nötiger denn je. Die Stadt kann hier massgeblich dazu beitragen, die Menschen zu entlasten“, sagt SP-Co-Präsidentin Lena Allenspach. In der Stadt Bern würden davon schätzungsweise 8‘000 bis 10‘000 Beschäftigte profitieren. „Wir sehen im Mindestlohn ein sehr griffiges Instrument, damit die Stadt sich gegen Armut trotz Arbeit engagieren kann“, sagt GB-Co-Präsidentin Ursina Anderegg.

Auswertungen der Gewerkschaft Unia zeigen zudem, dass der Tieflohnsektor mit Löhnen unter 4‘4000 Franken seit 2016 aufgrund schlechter Lohnabschlüsse und der Teuerung der letzten Jahre wieder zugenommen hat, vor allem im Gastgewerbe, in der Reinigung, in der Coiffeur- und Kosmetikbranche und im Detailhandel. Grund dafür ist nicht zuletzt, dass in der Schweiz rund die Hälfte der Beschäftigten einem GAV unterstellt sind.

Lancierung am Tag der Arbeit

Die Unterschriftensammlung beginnt am 1. Mai anlässlich des Tags der Arbeit. Bis dahin wollen die Initiant:innen ein breites Komitee unter anderem mit Vertretungen von Branchengewerkschaften, Hilfswerken und kirchlichen Organisationen bilden. Das Ziel ist es, die erforderlichen 5‘000 Unterschriften im Herbst einzureichen.

„Wir sind überzeugt, dass das Anliegen breite Akzeptanz findet. Viele Stimmberechtigte wissen, dass die Beschäftigten in Tieflohnbranchen zwingend auf gesetzliche und existenzsichernde Mindestlöhne angewiesen sind“, so Matthias Humbel, Co-Präsident der GFL. Die Stimmungslage dürfe daher ähnlich sein wie in Zürich und Winterthur, wo die Bevölkerung dem kommunalen Mindestlohn bereits klar zugestimmt hat.