Mitwirkung: Vernehmlassung Masterplan Fussverkehr
Vernehmlassung Masterplan Fussverkehr
Insgesamt begrüsst das Grüne Bündnis (GB) die Verbesserungen für den Velo-, Fuss- sowie den öffentlichen Verkehr.
Frage 1: Begrüssen Sie, dass die Stadt Bern einen Masterplan Fussverkehr als Planungsinstrument erarbeitet?
Ja x Eher Ja ☐ Eher Nein ☐ Nein ☐
Das GB unterstützt den Masterplan Fussverkehr. Damit werden die Anliegen des Fussverkehrs benannt und können besser berücksichtigt werden. Es zeigt, dass die Stadt an alle Verkehrsteilnehmer:innen denkt. Für eine effektive Umsetzung ist es wichtig, dass der Masterplan nicht zum reinen ‘Papiertiger’ wird.
Frage 2: Ist das Dokument Masterplan Fussverkehr nachvollziehbar aufgebaut?
Ja x Eher Ja ☐ Eher Nein ☐ Nein ☐
Ja, durch die Einordnung und Klärung der Verbindlichkeit zu Beginn des Masterplans. Zudem sind die einzelnen Kapitel stets ähnlich, auch gestalterisch, aufgebaut. Es wäre zusätzlich begrüssenswert, wenn in jedem Kapitel Beispiele aus der Stadt Bern zu finden wären (bestehende oder in Planung). Zudem wird teilweise nicht klar, welche Anforderungen Pflicht sind, rechtlich umgesetzt werden müssen und welche eher einem nice to have entsprechen. Neben den einzelnen Blättern zu den Streckenelementen, Querungsstellen etc. sind darüber hinaus auch im Fliesstext Anforderungen / Empfehlungen enthalten.
Frage 3: Im Kapitel „Ziele Fussverkehr Stadt Bern“ auf den Seiten 9-10 werden neun für die Stadt Bern geltende generelle Planungsgrundsätze für den Fussverkehr beschrieben und darauf basierend vier Visionen formuliert. Unterstützen Sie die vier Visionen auf Seite 10?
Ja ☐ Eher Ja x Eher Nein ☐ Nein ☐
Die 9 allgemeinen Prinzipien sind beispielhaft und klar definiert. Das GB unterstützt alle vier Visionen, auch wenn wir manchmal das Gefühl haben, dass sie zu stark vereinfacht sind. Es fehlt der Begriff der „Effizienz“ (kurze und direkte Wege auch für Fussgänger:innen) und eine deutlichere Betonung der Priorität der raumsparenden Mobilität (das erste allgemeine Prinzip).
Das GB beantragt eine Ergänzung der Visionen um diese beiden Elemente.
Zudem beantragt das GB die Visionen wie folgt zu ergänzen:
- Vision 1: Auch wenn im Beschrieb zur Vision eine Präzisierung erfolgt, liegt der Fokus intuitiv bei kleinen Kindern und auf Menschen im hohen Alter. Gleichzeitig ist es auch relevant, wie die Menschen ungeachtet des Alters unterwegs sind und welche Unterstützung sie benötigen (Geh- und Sehhilfen). Die Vision soll inklusiv sein.
Antrag: Ergänzung der Vision: «Unterschiedlich zu Fuss unterwegs – von kleinen Kindern bis ins hohe Alter: Die Infrastruktur ist inklusiv, auf unterschiedliche Bedürfnisse der Bevölkerung ausgelegt.»
- Vision 3: Die effektive Nutzung der Fussverbindungen kann mittels einer attraktiven Signalisation unterstützt werden (bspw. Wegweisern mit Angaben zur Gehzeit und der direkten Verbindung), wie es bereits in diversen europäischen Städten gehandhabt wird.
Antrag: Ergänzung der Vision: «Öffentlicher Raum mit Atmosphäre: Es bestehen abwechslungsreiche und spannende Räume mit hoher Aufenthaltsqualität, welche vernetzt sind.» sowie Ergänzung des Beschriebs: Im öffentlichen Raum wird mittels Signalisation das zu Fuss gehen unterstützt.
Frage 4: Im Kapitel „Fussverkehr in der Stadt Bern“ wird die IST-Situation für den Fussverkehr in der Stadt Bern analysiert (Seiten 13-17). Sind Sie einverstanden mit der Analyse?
Ja x Eher Ja ☐ Eher Nein ☐ Nein ☐
Ja. Die Analyse basiert auf Umfragen, auf generellen Empfehlungshinweisen und zeigt die Räume mit Potenzial und Bedarf.
Frage 5: Das Kapitel „Gehen im Fokus“ beschreibt den fachlichen Diskurs und den aktuellen Stand von Forschung und Praxis zum Fussverkehr (Seiten 19-31). Haben Sie Ergänzungen oder Anpassungsvorschläge?
Ja ☐ Eher Ja x Eher Nein ☐ Nein ☐
Das GB ist der Ansicht, dass es richtig ist, über die gesundheitlichen Vorteile zu sprechen. Das Kapitel zeigt umfassend die Ausgangslage, welche wichtig ist für eine adäquate Formulierung von Massnahmen, Standards etc.
Zusätzlich wäre es dienlich, den wirtschaftlichen Nutzen (für die Wirtschaft der Stadt, für die Gesellschaft im Allgemeinen) einer guten Fussgänger:inneninfrastruktur zu ergänzen und zu quantifizieren.
Das GB beantragt eine Quantifizierung und Ergänzung der Benefits des Fussverkehrs.
Frage 6: Im Kapitel „Streckenelemente“ werden konkrete Standards für verschiedene Typologien von Strecken festgelegt (Seiten 33-50). Neu sind dabei insbesondere die Festlegung eines optimalen Verhältnisses zwischen Fahrbahn und Seitenraum (Seiten 34-35), neue Standards für die Breite von Trottoirs und Gehwegen (Seite 38) und von eigenständigen Fusswegen (Seite 39). Unterstützen Sie diese neuen Standards?
Ja ☐ Eher Ja x Eher Nein ☐ Nein ☐
Wir unterstützen die Neubestimmung des Verhältnisses zwischen Fahrbahn und Seitenraum, sowie der Breite der Gehwege, die den Fussgänger:innen mehr Platz gibt. Es sollte jedoch kein Grundsatz sein, der in allen Fällen anzuwenden ist. Gerade beim neuen Verhältnis zwischen Fahrbahn – Seitenraum wird die Herausforderung in der Umsetzung liegen. Wem gehört der öffentliche Raum? Welche Nutzungsansprüche überwiegen? In der gebauten Umwelt ist es stets herausfordernd, Anpassungen vorzunehmen, da immer wer ‘verliert’ (was in den Massnahmenansätzen mitgedacht wurde).
Das GB ist der Ansicht, dass wir auch das Paradigma ändern und nach anderen Prinzipien denken müssen, zum Beispiel:
- Muss diese Strasse noch für den (motorisierten) Verkehr freigegeben werden, und zwar in beide Richtungen? Den ganzen Tag? Täglich? Das ganze Jahr über?
- Was sind die primären Bedürfnisse dieser Strasse?
- Die Planung von aussen (Gehwege) nach innen und dabei nicht scheuen, eine Autostrasse in eine Velostrasse umzugestalten (mit einer schmaleren befahrbaren Spur).
Mehr zum ersten Vorschlag (a), wäre es, sorgfältig über die Möglichkeit nachzudenken, die Enden der Strassen zu bestimmten Tages- oder Jahreszeiten für den Verkehr (insgesamt oder Autos) zu sperren (z. B. könnte ein Teil der Mittelstrasse/Länggasse das halbe Jahr und/oder jeden Abend und jedes Wochenende für Autos gesperrt werden).
In der Praxis hat sich gezeigt, dass durch das Parken auf den Gehwegen 20 bis 40 cm nicht zirkulierender Raum verloren gehen (Rückspiegel, Unmöglichkeit, einen Fuss auf die Strasse zu setzen, um andere Fussgänger:innen passieren zu lassen). Die Standards könnten einen Puffer entlang von Parkplätzen vorsehen, der nach der Breite der Gehwege zu berechnen ist. Auch eine maximale Länge des durchgehenden Parkens entlang der Gehwege wäre willkommen (12/18/24m?), mit einer Unterbrechung von mindestens 1/3 der Länge. Dies hilft, sich beim Gehen weniger ‘festgefahren’ zu fühlen.
Das GB beantragt, die Wirkung von parkenden, stehenden Fahrzeugen wie oben beschrieben zu berücksichtigen.
Die Standardbreite der Gehwege nach der Kategorie der Wege/Strassen erscheint uns gut. Es zeigt sich jedoch, dass ein Link zur aktuellen Fusswegnetzklassifizierung (Richtplankarte Richtplan Fussverkehr 2020) nicht mehr aktuell ist. Die neue Richtplankarte soll auch das Gehpotenzial mit einbeziehen und nutzen.
Frage 7: Im Kapitel „Querungen“ werden unterschiedliche Querungstypen und -elemente dargestellt und Anforderungen definiert (Seiten 53-73). Diese werden im Detail beschrieben, die Vor- und Nachteile sowie die Anwendungsbereiche aufgezeigt. Sind Sie mit der Beschreibung und Beurteilung der einzelnen Querungstypen (Q1-Q3) und Querungselementen (E1-E3) einverstanden?
Ja x Eher Ja ☐ Eher Nein ☐ Nein ☐
Im Allgemeinen ja. Die Pilotversuche sind sehr willkommen.
Durchgehende Bürgersteige sind ein sehr wichtiges Element, um das Potenzial für Fussgänger:innen zu erhöhen.
In der Tabelle auf Seite 60 wird davon ausgegangen, dass die Akzeptanzwerte für LSA für die Stadt Bern nicht aktuell sind. Die Ansprüche und Erwartungen der Fussgänger:innen in Bern sind anspruchsvoller. Eine Wartezeit von 30 Sekunden ist eine ziemlich maximale Grenze (obwohl sie davon abhängt, ob motorisierter Verkehr vorhanden ist oder nicht).
Es sollte auch eine grössere Bereitschaft vorhanden sein, die gesamte Strasse an die Bedürfnisse der Fussgänger:innenmobilität anzupassen und nicht nur die Elemente.
Das GB beantragt die Prüfung und Anpassung des Masterplans auf den letztgenannten Punkt.
Frage 8: Im Kapitel „Umfeldqualität“ wird aufgezeigt, welchen Einfluss der Städtebau auf den Strassenraum und für die Zufussgehenden hat (Seiten 75-84). Anschliessend werden für die unterschiedlichen Raumtypen in Abhängigkeit der Fussverkehrsnetz-Kategorien Standards festgelegt und Vorschläge gemacht, um eine angenehme Atmosphäre im (Strassen-)raum zu stärken. Sind Sie einverstanden mit der Analyse und den daraus abgeleiteten Empfehlungen?
Ja ☐ Eher Ja x Eher Nein ☐ Nein ☐
Das GB unterstützt die Vorschläge. Ein weiteres zentrales Element sind unseres Erachtens Pfeile. Pfeile dienen als Vernetzung der anderen Elemente, indem sie die ‘beste’ Strecke, Hinweise zur Entfernung / Zeit sowie Informationen zur Nachbarschaft angeben. Die Nachbarschaften und Strecken sollen nicht nur attraktiv gestaltet werden, sondern es soll auch darüber kommuniziert und im Raum gesehen werden, bspw. auf eine niederschwellige Art mittels Signalisation.
Das GB beantragt die Ergänzung des Elements Signalisation.
Frage 9: Haben Sie weitere Bemerkungen zum Masterplan Fussverkehr?
Ja x Eher Ja ☐ Eher Nein ☐ Nein ☐
Vielen Dank für die geleistete Arbeit.
Ein Masterplan bzw. Dokument über die Gesamtmobilität (Koexistenz, Prioritäten, Komplementaritäten) wäre ebenfalls zu begrüssen.