Dringliche Motion Fraktion GB/JA! (Franziska Grossenbacher GB):

Pilotprojekt Mobility Pricing in Bern

Beim Mobility Pricing werden benützungsabhängige Verkehrsabgaben erhoben, insbesondere mit dem Ziel, die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur nach dem Verursacherprinzip anstatt mit Steuergeldern sicherzustellen und Verkehrsspitzen zu glätten. Am 13. Dezember 2019 hat der Bundesrat das weitere Vorgehen zum Mobility Pricing beschlossen.[1] Der Bund beabsichtigt unter anderem, die Grundlagen für Pilotversuche in Kantonen und Gemeinden zu schaffen.

Ein Pilotversuch in der Stadt Bern, idealerweise zusammen mit der Region[2], kann dazu beitragen, die regionalen und städtischen Ziele im Bereich Mobilität zu erreichen. Auf regionaler Ebene verlangt die Mobilitätsstrategie der Regionalkonferenz Bern Mittelland (RKBM)[3], motorisierten Individualverkehr zu «vermeiden» und auf nachhaltigere Verkehrsmittel zu «verlagern». Auf städtischer Ebene enthält die Energie- und Klimastrategie 2025 der Stadt Bern ambitionierte Mobilitätsziele. So soll der Verbrauch fossiler Treibstoffe für den Verkehr auf dem städtischen Netz gegenüber 2008 um 45% sinken. Der Energieverbrauch für die Mobilität jeder Person soll gegenüber dem Stand 2010 um mindestens 45 % sinken. Der Controllingbericht 2017 zeigt jedoch, dass es zusätzliche Massnahmen braucht, um die Ziele der Energie- und Klimastrategie im Bereich Mobilität zu erreichen.

Beim Studium der Dokumente des Bundes erhält man den Eindruck, dass mit Mobility Pricing eine neue Finanzierungsquelle für den Autoverkehr gesucht wird, die nicht an fossile Treibstoffe gekoppelt ist. Wenn in Zukunft die Einnahmen aus der Mineralölsteuer sinken, soll für den Autoverkehr und dessen Infrastruktur immer noch genügend Geld zur Verfügung stehen. Deshalb ist es wichtig, dass sich Städte wie Bern mit einer fortschrittlichen, ökologischen Verkehrspolitik für einen Pilotversuch bewerben. So können sie auf nationaler Ebene mithelfen, Mobility Pricing nicht als neue Geldquelle des Autoverkehrs, sondern als zukunftsweisende, ökologische und stadtverträgliche Verkehrsfinanzierung zu etablieren.[4]

Wichtige Rahmenbedingungen für ein ökologisches und stadtverträgliches Mobilitypricing sind:

  • Mobility Pricing in der Region Bern unterstützt die kommunalen und regionalen Verkehrspolitischen Ziele.
  • Mobility Pricing muss dazu beitragen, dass sich die Kostenschere zwischen immer teurerem ÖV und immer billigerem MIV schliesst. Die Entwicklung der letzten Jahre zeigte laufend steigende Kosten für den ÖV, während die Kosten für den MIV stagnierten. Zudem trägt der MIV längst nicht alle durch ihn entstehenden Kosten.
  • Um die Attraktivität des ÖV nicht zu mindern und Mobility Pricing sozialverträglich auszugestalten, dürfen die Preise für den ÖV nicht steigen. Falls Mobility Pricing auch im ÖV zu einer Glättung der Verkehrsspitzen führen soll, so müssen die Tarife zu Randzeiten gesenkt werden und nicht jene zu Spitzenzeiten angehoben werden.
  • Mobility Pricing muss zwingend eine Rückverteilung der Mittel an die ökologischen Mobilitätsformen (ÖV, Fuss- und Veloverkehr) beinhalten, um das Ziel der Verlagerung effektiv zu erreichen.

 

Wir fordern deshalb den Gemeinderat auf, beim Bund das Interesse für die Durchführung eines Pilotprojekts für Mobility Pricing unter den oben beschriebenen Rahmenbedingungen bekanntzugeben.

Bern, 27.2.2020

Begründung der Dringlichkeit: Der Bund hat das weitere Vorgehen im Dezember 2019 bekannt gegeben und ist auf der Suche nach Pilotgemeinden. Wenn Bern ein Versuch für Mobility Pricing machen will, muss die Stadt im Frühling 2020 beim Bund ihr Interesse dafür bekunden.

[1] www.uvek.admin.ch/uvek/de/home/uvek/medien/medienmitteilungen.msg-id-77534.html
[2] Es werden in den Gemeinden Köniz und Muri Vorstösse mit gleichem Ziel eingereicht.
[3] https://www.bernmittelland.ch/de/themen/verkehr/projekte/mobilitaetsstrategie-2040.php
[4] https://www.bern.ch/themen/umwelt-natur-und-energie/energie/energie-und-klimastrategie