Interfraktionelles Postulat GFL/EVP, GB/JA!, GLP/JGLP, AL/GaP/PdA (Marcel Wüthrich, GFL / Bettina Jans-Troxler, EVP / Katharina Gallizzi, GB / Eva Krattiger, JA! / Peter Ammann, GLP / Christa Ammann, AL / Luzius Theiler, GaP / Lionel Gaudy, BDP):

Wie wissenschaftliche Studien zeigen, birgt der Klimawandel signifikante Risiken für die Finanzstabilität von Pensionskassen und für deren Deckungsgrad, was letztlich die Höhe der Renten gefährden kann.1 Das Pariser Klimaabkommen von 2015 verlangt von allen Finanzdienstleistern, dass sie ihre Investitionen und Finanzflüsse mit dem Ziel einer maximalen globalen Klimaerwärmung von 1.5 bis 2 Grad in Einklang bringen. Die Schweiz hat dieses Abkommen 2017 ratifiziert. Mit dem heutigen Investitionsverhalten bewegt sich die Schweizer Finanzbranche allerdings auf einem Klimapfad, welcher eine globale Erwärmung von 4 bis 6 Grad unterstützt. Eine breite Teilnahme von Versicherungen und Pensionskassen an freiwilligen Klimaverträglichkeitstests, welche durch das Bundesamt für Umwelt (BAFU) und das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) initiiert und 2017 mit Unterstützung des Pensionskassenverbands ASIP und des Versicherungsverbands SVV durchgeführt wurden, deutet immerhin auf ein wachsendes Klimabewusstsein hin.2
In seiner Antwort auf eine Interpellation der grünen Nationalrätin Lisa Mazzone setzt der Bundesrat darauf, dass die Pensionskassen die Klimarisiken im Rahmen ihrer treuhänderischen Pflicht gegenüber den Versicherten angemessen berücksichtigen und somit den Klimawandel in ihre Investitionsentscheide integrieren.3 Im Weiteren bestätigt der Bundesrat in seiner Antwort auf eine Interpellation von FDP-Ständerat Raphaël Comte, dass sich mit klimaverträglichen Investitionsstrategien4 marktkonforme Renditen erzielen lassen und dass der Markt schon heute klimafreundliche Anlageprodukte anbietet, mit denen sich in gängigen Finanzanlagen gebundene Emissionen um 10 bis 90 Prozent verringern liessen.5 Schliesslich unterstützt der Bundesrat in seiner Antwort auf eine Interpellation von BDP-Nationalrat Martin Landolt die freiwillige Offenlegung von klimabezogenen Finanzrisiken.6
In seiner Antwort auf eine interfraktionelle Interpellation7 von GB/JA! und GFL/EVP schreibt der Gemeinderat: «Eine Reduktion der Investitionen in kontroverse und CO2-intensive Unternehmen liesse sich erzielen, wenn eine breite Basis von Anlagestiftungen und Fondsanbietern kostengünstige, indexierte und passive Anlageprodukte anbieten würde, die den Environment-Social-Governance-Kriterien (ESG-Kriterien) und dem CO2-Ausstoss entsprechend Rechnung tragen. Diese Produkte müssen ein sehr hohes Anlagevolumen aufweisen, damit sie die Investitionssummen der PVK problemlos aufnehmen, investieren und allenfalls auch wieder desinvestieren können. Zudem müssten sich die Ertrags- und Risikokennzahlen dieser Anlageprodukte nahe an den Werten der traditionellen indexierten Vermögensanlagen bewegen.»
An die Pensionskassen gerichtete Fachartikel belegen, dass für nachhaltiges Investieren geeignete passiv-regelbasierte Ansätze bereits existieren8 und dass sich Nachhaltigkeits-ansätze mehrheitlich positiv auf die Rendite auswirken9. Auch der Pensionskassenverband ASIP bekräftigt, dass nachhaltige Investitionen weder die Anlagemöglichkeiten einschränken noch die Performance schmälern.10 Indexbasierte Anlageprodukte können eine sehr gute Balance zwischen umfangreicher CO2-Reduktion und Effizienz bei den Verwaltungskosten bieten. Zur finanziellen Risikoverminderung erzielt dabei die Elimination der Titel der Kohleproduzenten wie auch der Erdöl- und Erdgas-Produzenten die grösste Wirkung.11
Der Gemeinderat wird vor diesem Hintergrund ersucht, die folgenden Massnahmen zu prüfen:

  1. Die PVK präzisiert die Klimarisiken in ihren Anlagerichtlinien und formuliert insbesondere für die Wertschriften eine Klimastrategie, in der sie definiert, wie und ab wann sie 1.5-Grad-konform investieren wird. Auf dem Weg zu diesem Ziel misst sie einer schnellen Dekarbonisierung des Portfolios Priorität bei.
  2. Die PVK integriert Klimawandel und Klimarisiken als eines der Hauptanliegen für ihr Engagement und ihre Stimmrechtsausübung im In- und Ausland. Damit nutzt die PVK die Instrumente, mit gewissen Unternehmungen, welche möglicherweise noch zu hohe Emissionen haben, in den Dialog zu treten und ihren Weg zu klimafreundlichem Wirtschaften positiv zu beeinflussen.
  3. Die PVK gewährleistet auf geeignete Art gegenüber ihren Versicherten und gegenüber der Öffentlichkeit die notwendige Transparenz über ihre Vermögensanlagen und deren Klimarisiken. Sie verfasst innerhalb des Geschäftsberichts einen Bericht über die Klimaverträglichkeit der Anlagen und legt ihr Stimmverhalten an den Generalversammlungen gegenüber der Öffentlichkeit offen.
  4. Die Energie- und Klimastrategie 2025 der Stadt Bern12 wird um die Aspekte der Klimaverträglichkeit von Vermögensanlagen in geeigneter Weise ergänzt.

Die Postulantinnen und Postulanten regen an, die Zusammenarbeit insbesondere mit anderen städtischen Pensionskassen zu suchen13, um die Kosten zur Beratung sowie zur künftigen Bewirtschaftung von passenden, evtl. neu zu schaffenden Anlageprodukten durch auf Nachhaltigkeitsaspekte spezialisierte Vermögensverwaltungs-Institute gering halten zu können. Die Wahrnehmung des Engagement- und Stimmrechtsausübungs-Auftrags soll primär durch Vertretung und Auftragserteilung (z.B. via die Ethos Stiftung mit dem Ethos Engagement Pool Schweiz und dem Ethos Engagement Pool International) erfolgen.

Bern, 5. April 2018

1 Bundesamt für Umwelt (2015): Kohlenstoffrisiken für den Finanzplatz Schweiz, S. 9-11 und S.51-57; https://www.bafu.admin.ch/dam/bafu/de/dokumente/klima/externe-studien-berichte/kohlenstoffrisikenfuerdenfinanzplatzschweiz.pdf
2 https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/fachinformationen/klima-und-finanzmarkt.html
3 17.3904: Interpellation Mazzone (NR GE): Pensionskassen und Klimanotfall. Auswirkungen von Investitionen auf das Klima offenlegen; https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20173904
4 Einige Beispiele (fossil-free und low carbon) sind auf Seite 91 im «Handbuch nachhaltige Anlagen» von Swiss Sustainable Finance (vgl. Fussnote 10) sowie im BAFU-Report «Klimafreundliche Investitionsstrategien und Performance» (2016) auf Seiten 49-50 aufgeführt. https://www.bafu.admin.ch/dam/bafu/de/dokumente/klima/externe-studien-berichte/Klimafreundliche_Investitionsstrategien_und_Performance.pdf
5 17.4315: Interpellation Comte (SR NE): Institutionelle Investoren. Treuhänderische Pflicht und Klimawandel; https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20174315
6 17.4103: Interpellation Landolt (NR GL): Unterstützung verantwortungsvoller Unternehmen; https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20174103
7 2016.SR.000200: Interfraktionelle Interpellation GB/JA!, GFL/EVP (Katharina Gallizzi, GB / Marcel Wüthrich, GFL / Bettina Jans-Troxler, EVP): „Carbon Bubble“: Wie hoch ist das finanzielle Risiko für Bern durch Investitionen in fossile Energien? https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=ac0f90a9bd39400ba5d32e8c6813b547

8 vgl. B. von Lindeiner und U. Mettler (c-alm): Anlagen nach Indexhandbuch – Nachhaltig indexieren. In: Schweizer Personalvorsorge 08/2017, S. 64ff
9 vgl. A. Hunziker-Ebneter (Forma Futura Invest AG): Nachhaltigkeit und Performance – positiver oder negativer Zusammenhang? In: Schweizer Personalvorsorge 08/2017, S. 60f
10 Swiss Sustainable Finance (2016): Handbuch nachhaltige Anlagen, S. 4; http://www.sustainablefinance.ch/upload/cms/user/SSF_Handbuch_Nachhaltige_Anlagen_2016_11_28_einseitig_Web.pdf
11 Konkret wiesen etwa die fossil-free-Indexfonds wie der MSCI World ex fossil fuels (Developed Countries) oder der MSCI ACWI ex fossil fuels (Developed Countries + Emerging Markets), wo Kohle-, Erdöl- und Erdgas-Produzenten ausgeschlossen sind, in den vergangenen Jahren eine bessere Performance als der jeweilige MSCI-Referenzindex auf. Aus: BAFU (2016), S. 48ff, vgl. Fussnote 4.
12 http://www.bern.ch/themen/umwelt-natur-und-energie/energie/energie-und-klimastrategie
13 Eine ähnliche Zusammenarbeit besteht gegenwärtig im Schweizer Verein für verantwortungsbewusste Kapitalanlagen SVVK-ASIR, wobei dieser bisher in Klimafragen weniger ambitionierte Ziele setzt als die hier zu prüfenden Punkte.