Interpellation GB/JA! (Leena Schmitter, GB/Christine Michel, GB)

Wo wird gespart – und wo nicht? Die Studie „An den Frauen sparen?“ zeigte, dass Frauen auf Gemeindeebene überdurchschnittlich von Spareffekten betroffen waren: Für die Sparperiode 1993‐1994 liess sich u.a. eine Auseinanderentwicklung von öffentlichen Geldern für Männer und Frauen zeigen. Dieses grosse Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern zeigte sich etwa, indem Bereiche, in denen hauptsächlich Frauen beschäftigt sind vermehrt Kürzungen zum Opfer fielen als Arbeitsorte, in denen vornehmlich Männer beschäftigt sind. Diese Entwicklung führte zur vermehrten Gratisarbeit von Frauen, insbes. im Haushalt, Gesundheits‐ und Pflegewesen. Nun hat sich die finanzielle Situation seit Ende der 1990er Jahre nicht etwa verbessert, sondern bis 2013 weiterhin verschärft. Auch heute sind es insbes. die Bereiche Gesundheit, Bildung und Gemeinwesen, an denen gespart wird – Bereiche, in denen v.a. Frauen beschäftigt sind. Dies kann dazu führen, dass Arbeitnehmerinnen diese Arbeiten gratis leisten – Arbeiten, die eigentlich der Staat als gesellschaftliche Aufgabe übernehmen müsste. Welche genauen wirtschaftspolitischen Auswirkungen dies heute auf die Frauen hat, ist für die Stadt Bern noch nicht belegt. Klar ist allerdings, dass diese Entwicklungen die Gefahr bergen, dass Frauen diejenigen Bereiche abfedern, welche der Staat als gesellschaftliche Aufgabe übernehmen müsste. Ausserdem führt dies insbesondere Haushalte mit geringem Einkommen unter Zeit‐ und Finanzdruck. Auch die Integration der Frauen in den Erwerbsmarkt gerät unter Druck. Eine frühzeitige Erkennung möglicher Fallstricke ist deshalb von grosser Notwendigkeit– davon profitieren nicht nur die Frauen, sondern die ganze Gesellschaft, denn eine geschlechtergerechte Gesellschaft kommt allen zugute!Die Stadt Bern hat es sich zum Ziel gemacht, sich „konsequent für die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern“ einzusetzen – differenzierte Budgetanalysen können ein Weg dazu sein (Vgl. Interpellation Grossrat (25.3.2103): Natalie Imboden (Grüne)/Beatrice Stucki (SP/JUSO/PSA): Aufgaben‐ und Strukturüberprüfung (ASP 2014): An den Frauen sparen?).

Wir bitten deshalb, den Gemeinderat, folgende Fragen zu beantworten:
1. Hat sich der Gemeinderat bereits mit der erwähnten Problematik auseinandergesetzt?
2. Sieht der Gemeinderat Tendenzen, …
a) … dass aufgrund der Sparmassnahmen Berufszweige, in denen vor allem Frauen tätig sind, abgebaut oder ganz gestrichen werden (z.B. Teilpensen)?
b) … dass Frauen aufgrund der Sparmassnahmen Arbeit gratis leisten (z.B. Tagesschulen, Mittagstische, Senior_innenpflege)?
c) … dass aufgrund der Sparmassnahmen für Frauen mit Kindern vermehrt Vereinbarkeitsprobleme auftauchen, da spontane Arbeitseinsätze von den Arbeitnehmerinnen gefordert werden (v.a. im Gesundheitsbereich) und die Belastung
in der Hausarbeit zunimmt?
d) Falls ja: Welche Strategien verfolgt er, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken?
3. Wie steht der Gemeinderat zur geschlechtergerechten Rechnungs‐ und Budgetgliederung (Gender‐Budgeting)?
a) Sieht der Gemeinderat Möglichkeiten, Rechnungen/Budgets in Zukunft aus Geschlechtersicht zu beurteilen?
b) Ist der Gemeinderat bereit, im Rahmen der anstehenden Aufgaben‐ und
Strukturüberprüfung für das 14. und weitere Haushaltsverbesserungspakete
eine begleitende Analyse aus Geschlechtersicht erstellen zu lassen?
Bern, 4.4.2013