Eingereicht von Rahel Ruch und Anna Leissing (GB):

Die Corona-Krise hat voraussichtlich einen starken Anstieg von Armut und Prekarität zur Folge und trifft armutsbetroffene oder von Armut bedrohte Menschen besonders stark. Personen, die auf Abruf arbeiten, sind damit konfrontiert, dass kaum mehr Arbeitseinsätze bestehen, Menschen im Niedriglohnsektor oder mit Teilzeitstellen fehlt das Geld zum Leben, weil sie auf Kurzarbeit gesetzt werden oder ihre Stelle verlieren. Auch selbständige Unternehmer*innen mit kleinen Geschäften, die aufgrund der Schutzmassnahmen mit Umsatzeinbussen zurechtkommen müssen, sind in ihrer Existenz gefährdet. Neben kurzfristigen Unterstützungsmassnahmen wie das Geschäftsmietenmodell muss die Stadt Bern deshalb auch mittelfristig sozialpolitische Weichen stellen, damit Bern eine Stadt für alle bleibt.

Wohnen und Armut sind eng miteinander verschränkt. So beträgt der Anteil an Mietkosten in armutsgefährdeten Haushalten durchschnittlich über 40 Prozent und wird damit zum entscheidenden Faktor. Es ist daher für die Armutsbekämpfung zentral, beim Wohnungsmarkt anzusetzen und für günstigere Wohnungen zu sorgen, wie es der Gemeinderat mit seiner Wohnstrategie vorsieht. Aktuell sind aufgrund der Corona-Krise armutsbetroffene Menschen, die keine Sozialhilfe beziehen von Wohnungsverlust bedroht, weil sie die Miete nicht bezahlen können. Die Stadt Bern hat in der Wohnstrategie bereits 2018 Massnahmen definiert, die geeignet sind, Menschen in prekären Lagen auf dem Wohnungsmarkt zu unterstützen. Die Interpellantinnen würden es sehr bedauern, wenn diese Massnahmen für Menschen, die unter der Corona-Krise leiden, zu spät kämen.

Der Gemeinderat wird daher gebeten, folgende Fragen zu beantworten:

  • Wo steht die Massnahme 3.2. der Wohnstrategie «Umsetzungsstrategie GüWR-Wohnraum»? Wie hat sich die Anzahl GüWR-Mietverträge seit 2018 verändert und wieviele GüWR-Mietverträge existieren aktuell?
  • Wo steht die Massnahme 4.3. der Wohnstrategie «Wohnraum für armutsbetroffene Menschen» und wie sieht der weitere Zeitplan aus?
  • Wo steht Massnahme 5.6. der Wohnstrategie, «Fachstelle Wohnen»? Diese Fachstelle könnte gerade jetzt Personen unterstützen, die aufgrund der Corona-Pandemie Schwierigkeiten haben, die Miete zu bezahlen oder sich um mietrechtliche Fragen zu kümmern. Ist eine entsprechende Stelle im IAFP 2022-2025 vorgesehen? Und wenn nein, warum nicht?
  • Wann wird Massnahme 5.7. der Wohnstrategie «Sicherstellung Mietzins/Mietzinsgarantien», d.h. Garantie-Instrumente bzgl. Mietzinsdepots etc. für Armutsbetroffene umgesetzt?
  • Wann werden die anderen Massnahmen der Wohnstrategie umgesetzt und wie ist die Finanzierung dafür vorgesehen?

Begründung der Dringlichkeit: Die Auswirkungen der Corona-Krise werden immer spürbarer und Massnahmen zur Bekämpfung der Armut müssen rasch umgesetzt werden. Damit allfällige andere Massnahmen geplant werden können, braucht es schnell Klarheit über den Stand der Dinge der Wohnstrategie.