Interfraktionelle Motion GB/JA!, GLP, SP, GFL/EVP, freie Fraktion (Seraina Patzen, JA!/ Cristina Anliker-Mansour, GB/ Peter Ammann, GLP/ Lena Sorg, SP/ Tania Espinoza, GFL/ Christa Ammann, freie Fraktion)

In der Schweiz leben schätzungsweise zwischen 90‘000 und 300‘000 Menschen ohne geregelten Aufenthalt. Sie putzen, hüten Kinder, arbeiten auf Baustellen, in Restaurants oder in der Landwirtschaft. Trotz fehlender Aufenthaltsbewilligung stehen ihnen grundlegende Rechte wie das Recht auf obligatorischen Schulunterricht, auf eine Krankenversicherung, auf Heirat oder auf Hilfe in Notlagen  zu. Ohne Aufklärung und Unterstützung sowie Begleitung können Sans-Papiers diese Rechte jedoch nicht wahrnehmen.

Hier setzt die Berner Beratungsstelle für Sans-Papiers an: Sie berät Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus und hilft ihnen so, ihre Rechte besser wahrzunehmen. Die Beratungsstelle wurde im Jahr 2005 gegründet und wird von den Landeskirchen, von Kirchgemeinden/Pfarreien, gemeinnützigen Organisationen, sowie von privaten Mitgliedern getragen. Sie führt jährlich um die 2‘000 Beratungen für Menschen aus über 80 verschiedenen Ländern durch, darunter befanden sich 2014 auch über 100 Familien mit fast 150 Kindern. Die Beratungen finden in vielen unterschiedlichen Bereichen statt. Zu Fragen betreffend Sozial- und Krankenversicherungen, Aufenthaltsstatus und allfällige Legalisierung, Wohnsituation, Heirat, Arbeitsbedingungen oder Einschulungen von Kindern erhalten Ratsuchende Auskünfte und Unterstützung. Wenn nötig übernehmen die Beraterinnen auch Begleitungen zum Beispiel zu Ärzten oder Behörden. Ein Grossteil der Menschen, die die Beratungsstelle aufsuchen, wohnt in der Stadt Bern.

Dass Menschen ohne geregelten Aufenthalt bei uns in der Schweiz und auch in der Stadt Bern leben, ist eine Realität, die nicht mehr verdrängt werden darf. Deren Information, Beratung und Hilfe in Notlagen wäre an sich eine Aufgabe des Staatswesens. Sans-Papiers meiden jedoch in aller Regel den Behördenkontakt aus berechtigter Angst, dass ihre Anwesenheit den Migrationsbehörden gemeldet wird und sie in der Folge aus der Schweiz ausgeschafft werden. Die unabhängige Beratungsstelle ist hingegen eine vertrauenswürdige Stelle für diese Menschen und sie übernimmt in diesem Sinne auch Aufgaben der Stadt Bern. Mit der Verleihung des Integrationspreises an die Beratungsstelle im Jahr 2013 hat die Stadt Bern diese Arbeit schon einmal gewürdigt.

Die Verleihung des Integrationspreises ist ein schönes Zeichen der Anerkennung. Für eine tatsächliche Verbesserung der Situation der Sans-Papiers braucht es aber ein längerfristiges Engagement und damit ein klares Bekenntnis der Stadt Bern, dass allen Menschen, die hier wohnen, ein Leben in Würde zusteht.

Durch eine jährliche Unterstützung des Vereins Berner Beratungsstelle für Sans-Papiers kann die Stadt Bern zeigen, dass ihr die grundlegenden Menschenrechte aller Menschen wichtig sind – unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus. Sie würde Verantwortung auch für die Menschen übernehmen, die sich politisch nur schwer Gehör verschaffen können. Die MotionärInnen bitten den Gemeinderat deshalb, einen jährlichen Unterstützungsbeitrag von 20‘000.- Franken für die Berner Beratungsstelle für Sans-Papiers ins Budget aufzunehmen.

Bern, 29.10.2015