Am Samstag, 23.10.2021, fand in der Berner Innenstadt eine Kundgebung gegen die Covid-19 Massnahmen statt. Am gleichen Nachmittag fand eine Solidaritätskundgebung für besonders Be-troffene der Corona-Pandemie statt, welche durch ein Bündnis mit Unterstützung der SP, GB, JA!, PdA, Juso und AL organisiert wurde. Das Bewilligungsgesuch für diese Platzkundgebung wurde bereits eine Woche vor der Covid-19 Massnahmenkundgebung eingereicht und erhielt vom Polizei-inspektorat der Stadt Bern die Rückmeldung, dass die Innenstadt bereits «voll» sei (u.a. wegen Herz-Ausstellung). Der Helvetiaplatz wurde als Alternative angeboten und vom Organisationskomi-tee so akzeptiert. Einige Tage später kam die Medienmitteilung, dass ein Gesuch vom «Aktions-bündnis der Urkantone» sowie der «Freien Linken Schweiz» für eine Kundgebung gegen die Covid-19 Massnahmen in der Stadt bewilligt wurde. Die Demonstrierenden erhielten zusätzlich zur Platzkundgebung eine Laufbewilligung vom Münsterplatz über den Casinoplatz zum Bundesplatz.
Dies obwohl es zuvor geheissen hat, dass es keinen Raum für eine Kundgebung in diesem Stadtteil gibt.

Es gab also eine Neubeurteilung, was die Platzverhältnisse in der Innenstadt betrifft. Gemäss Ge-meinderat Reto Nause hatten sich «die Ereignisse überschlagen»1, weshalb offenbar die Lage für die Demonstration der Massnahmenkritiker*innen neu beurteilt wurde. Dieser Vorgang wirft Fragen über die Entscheidungskriterien und die Beurteilung von Bewilligungsgesuche auf.

Ausserdem wurde während der Demonstration gegen die Covid-Massnahmen ein Foto aufge-nommen, auf dem ein Polizist eine Trychel einer demonstrierenden Person auf den Schultern trägt und die nebenstehende Polizistin scheinbar ein Foto davon macht.2 Diese Aktion kann als politi-sches Statement und Sympathisieren mit den Demonstrierenden durch den betreffenden Polizisten verstanden werden und stellt die politische Neutralität der Polizei in Frage.

Wir möchten deshalb vom Gemeinderat wissen:
1. Was sind die Gründe für die Bevorzugung des Bewilligungsgesuchs der Massnahmen-kritiker*innen, obwohl dieses später eingereicht wurde?
2. Nach welchen Kriterien werden Kundgebungen im Bewilligungsverfahren priorisiert?
3. Wie positioniert sich der Gemeinderat zum mit Trycheln posierenden Polizisten?
4. Welche Konsequenzen hat der Vorfall für die betroffenen Polizist*innen?

Bern, 28. Oktober 2021
Erstunterzeichnende: Nora Joos, Eva Krattiger, Anna Jegher
Mitunterzeichnende: –