Dringliche Motion Fraktion GB/JA! (Devrim Abbasoglu-Akturan, GB/ Franziska Grossenbacher):

Chancengleichheit bei qualitätssichernden Verfahren für junge Architekturbüros, auch auf dem ewb/BLS-Areal

Architektur ist eine sehr beliebte und attraktive Disziplin. Obwohl die Nachteile im Vergleich zu anderen Berufen bekannt sind, ist und bleibt die Architektur als Traumberuf für viele junge Menschen, weil die Architektur mit der Förderung des kreativen, konzeptionellen Arbeitens und der Suche nach Lösungen zu komplexen Aufgabenstellungen zu tun hat. 2019 haben an der Berner Fachhochschule im Departement Architektur, Holz und Bau 55 Studierende ihr Architekturstudium abgeschlossen und damit kommt jährlich in etwa die gleiche Anzahl Architekten*innen allein von der Berner Fachhochschule auf dem Markt. Wer im Internet nach Architekturbüros in der Stadt Bern sucht, erhält 253 Treffer. Einige sind sehr renommierte Büros mit altbekannten Namen, andere sind dagegen kaum bekannt.

Für die berufliche Existenz müssen Architekten*innen mit langen Arbeitszeiten, tiefen Löhnen, starkem Konkurrenzkampf und auch hohen Haftungen rechnen. Zudem müssen junge Architekturbüros lange dafür kämpfen, bis sie mit spannenden Bauaufgaben beauftragt werden. Obwohl die neue Architekturgeneration sehr viele Ideen und Gestaltungswillen mit sich bringt, dauert es viel zu lange, Akzeptanz und Anerkennung zu finden. Um eine Resonanz zu finden und sich zu beweisen, sind Wettbewerbe eine ideale Gelegenheit. Leider haben jungen Architekturbüros kaum Chancen bei Wettbewerben mit selektiven Verfahren. Sie scheiden erfahrungsgemäss bei der Selektion aus, da sie die geforderten Nachweise, Referenzen und Erfahrungen nicht erbringen können. Aus zeitlichen Gründen werden bei Grossprojekten immer mehr selektive statt offene Verfahren gewählt, da der Aufwand zum Jurieren kleiner ausfällt. Wenn die Teilnahme von junge Büros von den Veranstaltern der Wettbewerbe nicht explizit gewünscht wird, bleiben die selektiven Verfahren nur eine Konkurrenz der Etablierten. Damit können sich die „Elite Büros“ weiterentwickeln und die Chancengleichheit bleibt für die junge Architekten*innen auf der Strecke. Als jüngstes Beispiel kann das ewb/BLS-Areal genannt werden im ESP Ausserholligen. Dort ist gemäss Mitteilung von ewb und BLS vom 13. Januar 2020 ein zweistufiger Wettbewerb mit selektiven Verfahren geplant. Noch ist unklar, wer am Wettbewerb teilnehmen wird. Eins ist aber vorhersehbar: Die jungen Architekturbüros werden bei der Selektion keine Chance haben, wenn deren Teilnahme vom Auftraggeber nicht explizit gewünscht wird.

Darum fordern wir den Gemeinderat dringend auf:

  • sich bei ewb und BLS dafür einzusetzen, dass im Studienauftrag zum Areal im ESP Ausserholligen die Teilnahme junger Architekturbüros gefördert wird.
  • Rahmenbedingungen zu schaffen, welche in qualitätssichernden Verfahren in der Stadt Bern die Teilnahme von jungen Architekturbüros begünstigt.

Dringlichkeitsbegründung: Der Studienauftrag für das ewb/BLS-Areal soll im Frühjahr 2020 starten. Die Rahmenbedingungen für das Verfahren müssen deshalb so rasch wie möglich geklärt werden.