Interfraktionelle Interpellation GB/ JA! und SP/JUSO (Regula Bühlmann, GB/ Patrizia Mordini, SP):

Frauen und Männer haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit. Dieser Grundsatz ist seit 1981 in der Bundesverfassung verankert. Das 1996 in Kraft getretene Gleichstellungsgesetz sollte die Durchsetzung dieses Anspruchs verbessern. Die Verwirklichung in der Praxis gestaltet sich jedoch schwierig. Diskriminierung versteckt sich auf verschiedensten Ebenen. Werden typische Frauentätigkeiten gleich bewertet? Wird die Leistung der Frauen gleich eingeschätzt wie diejenige der Männer? Auch heute noch ist die Lohnungleichheit markant: Frauen verdienen durchschnittlich über ein Fünftel weniger als Männer. Faktoren wie Ausbildung, Kompetenzniveau und Dienstalter können Lohnunterschiede teilweise erklären. Knapp 40% der Lohndifferenzen basieren jedoch auf Geschlechterdiskriminierung.

Da sich die Lohnunterschiede nicht von selbst verringern, müssen gezielt Schritte in die Wege geleitet werden, um diesen Missstand anzugehen. Obwohl es das Gleichstellungsgesetz gibt und Frauen mittels Klage ihr Recht einfordern können, sehen viele betroffene Frauen davon ab, den gerichtlichen Weg zu beschreiten. Fehlende Lohntransparenz am Arbeitsplatz verhindert, dass die Betroffenen überhaupt erfahren, dass sie im Vergleich zu ihren Arbeitskollegen weniger Lohn erhalten. Auch verzichten viele Frauen darauf, eine Klage einzureichen, weil die Verschlechterung des Arbeitsklimas und die Konfrontation mit den Vorgesetzten zu belastend sind.

Die öffentliche Hand schneidet bezüglich Lohngleichheit etwas besser ab als die Privatwirtschaft. Sie geht nun mit der Charta für Lohngleichheit im öffentlichen Sektor[1] noch einen Schritt weiter und manifestiert explizit ihren Willen, sich gegen Lohndiskriminierung einzusetzen. Wir begrüssen diesen Schritt ausdrücklich, halten jedoch fest, dass eine Willensbekundung allein noch nicht reicht. Wenn jedoch alle UnterzeichnerInnen die in der Charta aufgeführten Massnahmen tatsächlich umsetzen, können sie damit schon einen grossen Teil der Arbeitnehmenden abdecken. Sie können so ihre Vorbildfunktion ausüben und ein starkes Signal auch an die Privatwirtschaft senden, mitzuziehen und die Lohngleichheit zu überprüfen und umzusetzen.

Die Stadt Bern hat vor gut einem Jahr die Charta für Lohngleichheit im öffentlichen Sektor unterzeichnet. Wir bitten den Gemeinderat diesbezüglich um die Beantwortung folgender Fragen:

  1. Welche Massnahmen ergreift die Stadt Bern zur Umsetzung der Lohngleichheit und in welcher Frist?
  2. Mit welchen Massnahmen werden die Mitarbeitenden über den Anspruch auf Lohngleichheit sensibilisiert?
  3. Nach welchem Standard überprüft die Stadt Bern die Lohngleichheit ihrer Angestellten?
  4. In welchen der öffentlichen Verwaltung nahe stehenden Körperschaften setzt sich Bern für die Einhaltung der Lohngleichheit ein?
  5. Welche Kontrollmechanismen sollen im Beschaffungs- und Subventionswesen für die Umsetzung der Lohngleichheit sorgen?
  6. Wie gedenkt der Gemeinderat über die konkreten Ergebnisse des Engagements zu informieren? Wird Bern am Monitoring zur Charta des Eidg. Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann teilnehmen?

 

Bern, 21. September 2017

[1] https://www.ebg.admin.ch/ebg/de/home/themen/arbeit/plattform-lohngleichheit/engagement-des-oeffentlichen-sektors/charta-der-lohngleichheit-im-oeffentlichen-sektor.html