Sicherstellung des Beratungsangebots für die LGBTI-Community
Dringliche Interfraktionelle Motion SVP, GFL, GLP/JGLP, AL/GPB-DA/PdA, GB/JA, GLP, FDP/JF, BDP/CVP, SP/JUSO (Rudolf Friedli SVP, Janine Wicki GFL, Tabea Rai AL, Leena Schmitter GB, Patrick Zillig GLP, Dannie Jost FDP, Philip Kohli BDP/CVP, Mohamed Abdira-him JUSO)
LGBTI ist die Abkürzung für die englischen Wörter Lesbian, Gay, Bisexual, Transsexual/Transgender und Intersexual (Lesbisch, Schwul, Bisexuell, Transsexuell/Transgender und Intersexuell). Sie steht für Menschen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Geschlechtsidentität oder ihres Körpers von der heterosexuellen Norm abweichen. Jugendliche und auch Erwachsene sind nicht selten mit Problemen konfrontiert, wenn sie diese sog. Abweichungen bei sich entdecken. Dass Jugendliche der LGBTI-Communitiy öfter als andere Jugendliche Suizid begehen, ist nicht nur eine Tatsache, sondern erschreckend. Oft können sich die Jugendlichen und Erwachsenen niemandem im eigenen Beziehungsnetz anvertrauen.
Trotzdem stellte der Kanton Ende 2016 die Unterstützungsleistungen für die Beratungen ein, die die Homosexuelle Arbeitsgruppe Bern (HAB) für die LGBTI-Community anbietet. Grund war eine angeblich zu geringe Nachfrage nach dem Angebot. Tatsache ist aber, dass ca. 300-400 Klient/innen pro Jahr die Beratungen aufsuchen. Das Spektrum reicht von Telefon-/Email-/Einzel- bis zu Gruppenberatungen. Von der Klientel stammen 45 Prozent aus der Stadt Bern.
Dank des Beitrags des Kantons von etwa 20‘000 Franken pro Jahr konnten sich die Klient/innen drei Mal beraten lassen. Grundsätzlich waren die Beratungen (Email, Gespräch, Telefon) gratis für sie. Die meisten beanspruchten sie meist nur ein bis zwei Mal. Wichtig war bzw. ist auch der niederschwellige Zugang zur Beratung. Wenn sich ein Problem als grösser erwies, wurde der Klient oder die Klientin meist in die Gruppentherapie aufgenommen. In dieser zahlten sie 20 Franken (HAB-Mitglied) bzw. 30 Franken (Nichtmitglied) pro Sitzung. Die Beratung war aber auch so nicht kostendeckend, sonst läge der Betrag wohl bei 100 Franken pro Mal, womit die Niederschwelligkeit des Angebots nicht mehr gewährleistet wäre. Da der Kanton Bern seinen Beitrag strich, musste die HAB ihr Budget für 2017 an die neuen Gegebenheiten anpassen:
- Den Lohn für den Psychologen in der Beratung müssen nun die Mitgliederbeiträge und Spenden decken. Es muss darüber nachgedacht werden, diese Leistungen zu verteuern. Allerdings muss ein Mass gefunden werden, damit der unterschwellige Zugang weiterhin gewährleistet ist.
- Die Mitglieder und der Vorstand setzten an der Mitgliederversammlung Priorität auf die Beratung. Deshalb war eine erste Massnahme, die gayAgenda, welche monatlich herausgegeben wurde, einzustellen. Die Kosten waren hier in etwa gleich hoch wie die Aufwendungen für die Beratung. Neu können nur noch die Mitglieder zweimonatlich in einem kleineren Umfang mit der „HABinfo“ über die Themen im LGBTI-Umfeld informiert werden.
- Nur der Anlass „pride ouest 2017“, an dem die HAB bei der Gründung dabei war, kann 2017 unterstützt werden. Wegen der Durchführung in Bern sind die HAB diesem Anlass sehr verpflichtet. Andere bisher unterstützte Anlässe (Pride ZH, Pride Romandie, Unterstützungsaktionen mit Pink Cross) erhalten nur noch eher symbolische Beiträge. An örtlichen Anlässen bspw. von Queersicht, ABQ etc. kann sich die HAB nur noch mit ehrenamtlichem Engagement beteiligen.
- Der Menupreis für das zweiwöchentlich durchgeführte 3gang (Znacht) wurde bereits im Jahr 2016 auf 28 Franken erhöht. Das 3gang soll aber weiterhin der Treffpunkt der LGBTI-Community in Bern und Umgebung bleiben. Der unterschwellige Zugang für die Mitglieder und Interessierte ist wichtig. Viele Personen finden so die Möglichkeit, sich mit anderen auszutauschen, vielleicht auch als erster Schritt aus der psychischen Einsamkeit heraus. Der Preis kann daher vorerst nicht weiter erhöht werden.
Es geht um eine niederschwellige Hilfe in psychischer Not, nicht um Förderung von bestimmten Lebensentwürfen usw. Nötig ist eine städtische Überbrückungsfinanzierung, bis der Kanton hoffentlich den Vorstössen im Grossen Rat folgt und den nötigen Beitrag wieder bezahlt. Nach den aufgezeigten einschneidenden Sparmassnahmen für das Jahr 2017 soll die HAB ihre Beratungen ab dem Jahr 2018 wie bisher weiterführen können, ohne dass die Klient/innen mehr bezahlen müssen und ohne dass die HAB andere Angebote kürzen oder gar aufgeben muss.
Aus diesem Grund wird der Gemeinderat beauftragt,
- der Homosexuellen Arbeitsgruppe Bern (HAB) einen jährlichen Beitrag von 20‘000 Franken für die Aufrechterhaltung der psychologischen Beratungen im bisherigen Rahmen zu entrichten, bis der Kanton diesen Betrag wieder übernimmt.
- sich bei Gesundheits- und Fürsorgedirektion dafür einzusetzen, dass der Kanton seinen bisherigen jährlichen finanziellen Beitrag an die HAB wieder leistet.
Begründung der Dringlichkeit
Die HAB musste ihre Leistungen für das Jahr 2017 wegen des fehlenden kantonalen Beitrags erheblich verringern. Psychologische Beratungen tragen dazu bei, Gedanken an Suizid oder gar die Begehung eines solchen zu verhindern. Die Zeit drängt also, es geht nicht einfach um finanziellen Schaden. Die HAB soll all ihre Leistungen, die sie wegen des gestrichenen kantonalen Beitrags herunterfahren musste, möglichst schnell wieder im bisherigen und nötigen Umfang erbringen können.
27. April 2017