Kleine Anfrage Regula Tschanz (GB):

Der Kanton Bern, vertreten durch das Amt für Grundstücke und Gebäude (AGG), will eine historische sechsstöckige Liegenschaft an der Münstergasse 32 in der Berner Altstadt verkaufen (ehemals Nutzung durch die kantonale Denkmalpflege). Der Richtpreis für das Verkaufsobjekt beträgt 6,5 Mio. Franken. Gemäss der Dokumentation (http://cis01.immoscout24.ch/is24media/70/a7/d25453a841.pdf) wird „der Markt über den definitiven Verkaufspreis entscheiden“. Die Wohnungsnot in der Stadt Bern verlangt klar nach mehr (bezahlbarem) Wohnraum. Um eine ungewünschte Preis- bzw. Mietexplosion zu vermeiden oder zumindest zu vermindern, sind Verkäufe an Dritte mit Spekulationsabsichten zu verhindern. Für die spezielle Lage im Herzen der Berner Altstadt und des UNESCO-Weltkulturerbes gilt dies ganz besonders. Sinnvoller und sozialer als der Verkauf an den Meistbietenden sollte ein Verkauf bzw. eine Abgabe im Baurecht an ein Gemeinwesen oder an gemeinnützige Wohnbauträger angestrebt werden. Eigentlich hatte sich der Kanton Bern in früheren Verlautbarungen für das Modell Baurecht ausgesprochen (http://bit.ly/2mRCdTl, http://bit.ly/2mMKnLK); nun scheint der Modus „in der Regel Baurecht“ im Fall der Münstergasse 32 aber nicht zur Anwendung zu kommen. Vor diesem Hintergrund bitten die Unterzeichnenden den Gemeinderat um die Beantwortung folgender Fragen:

1. Ist der Gemeinderat bereit, sich gegenüber dem Regierungsrat dafür einzusetzen, dass die
Veräusserung solcher Altstadtliegenschaften nur über eine Abgabe im Baurecht oder allenfalls
einen Verkauf ausschliesslich an öffentliche Gemeinwesen oder gemeinnützige Wohnbauträger
erfolgt?
2. Ist im Fall der Liegenschaft an der Münstergasse 32 sichergestellt, dass die Liegenschaft künftig
mehrheitlich als Wohnraum (auch keine Zweitwohnungen) genutzt wird?
3. Beabsichtigt die Stadt Bern, beim Amt für Grundstücke und Gebäude des Kantons Bern eine
Kaufofferte einzureichen?

Bern, 23. März 2017
Erstunterzeichnende: Regula Tschanz
Mitunterzeichnende: Franziska Grossenbacher, Ursina Anderegg, Lea Bill, Seraina Patzen, Eva
Krattiger, Stéphanie Penher, Leena Schmitter, Luzius Theiler, Daniel Egloff, Christa Ammann, Tabea
Rai, Regula Bühlmann

Antwort des Gemeinderats
Zu Frage 1:
Für die Beantwortung dieser Frage verweist der Gemeinderat auf seinen Prüfungsbericht zum Postulat Fraktion SP (Rithy Chheng, SP): Vorkaufsrecht der Stadt Bern bzw. Wohnbaugenossenschaften an den eidgenössischen und kantonalen Liegenschaften und Grundstücken in der Gemeinde Bern inklusive Beilagen (2013.SR.000421). Vorliegend ist der Gemeinderat gerne bereit, beim Kanton Bern im Rahmen des Verkaufsprozesses der Münstergasse 32 erneut eine bevorzugte Behandlung von öffentlichen Gemeinwesen oder gemeinnützigen Wohnbauträgerschaften zu verlangen.

Zu Frage 2:
Ob die Liegenschaft zukünftig mehrheitlich als Wohnraum genutzt wird, hängt in erster Linie von der Strategie der neuen Eigentümerschaft des Gebäudes ab. Gemäss Artikel 80 der städtischen Bauordnung vom 24. September 2006 (BO; SSSB 721.1) sind im Gebiet der Unteren Altstadt Gebäudevolumen über dem zweiten Vollgeschoss dem Wohnen vorbehalten. Falls diese Flächen bisher nicht als Wohnraum dienten, ist dieser Zustand gemäss Artikel 80 Absatz 7 BO bei grösseren in die Gebäudestruktur eingreifenden Umbauten herzustellen. Eine Vermietung der Flächen vom ersten bis dritten Obergeschoss wäre somit für eine Büronutzung weiterhin möglich, falls die neue Eigentümerschaft keine grösseren Umbauten vorsieht. Bei einer grösseren Sanierung müssten die Flächen des zweiten und dritten Obergeschosses einer Wohnnutzung zugeführt werden, im ersten Obergeschoss wäre eine Büronutzung zulässig. Sollte die Stadt den Kaufzuschlag bekommen, würde das Ziel verfolgt, das Gebäude einer Wohnnutzung zuzuführen.

Zu Frage 3:
Ja.

Bern, 26. April 2017

Der Gemeinderat