Ursina Anderegg, GB; Eva Chen, AL; Barbara Keller, SP

Die Stadt Bern unterstützt professionelles Kulturschaffen sowohl mit diversen Förderkrediten als auch in Form von vierjährigen Leistungsverträgen. Der Gemeinderat hält in der Kulturbotschaft 2024-2027 fest, dass die soziale Sicherheit von Kulturschaffenden bei allen Förderinstrumenten hoch gewichtet wird. Art. 10 der Leistungsverträge, verpflichtet die Kulturinstitutionen sich an branchenübliche Anstellungsbedingungen zu halten und Art. 11, dass Sozialversicherungsbeiträge abgerechnet und entrichtet werden müssen. Bei der Projekt- und Programmförderungen werden zukünftig nur noch Gesuche berücksichtigt, die branchenübliche Honorare und Sozialversicherungsbeiträge budgetieren.
Mit grosser Wahrscheinlichkeit beinhalten «branchenübliche» Honorare auch schlecht bis gar nicht bezahlte Arbeit in Form von Praktika, Assistenzen Hospitanzen etc. Der Arbeitsmarkt ist historisch so gewachsen, dass solche Umstände in der Kultur- und Kreativwirtschaft einfach akzeptiert werden bzw. durchgesetzt werden können, weil Kulturschaffende darauf angewiesen sind, Fuss in den jeweiligen Branchen zu fassen. Mit mehr Transparenz und eindeutigen Definitionen und Referenzsystemen kann dieser Reproduktion Gegensteuer geboten werden.
Sowohl der Begriff «branchenüblich» wie auch die Vorgabe sich an Richtgagen und Richtlöhne der jeweiligen Verbände zu halten, lassen (zu) viel Spielraum zu. Zur Kenntnis zu nehmen sind 1) dass ein branchenübliches Honorar nicht in jedem Fall mit einer fairen Bezahlung gleichgesetzt werden kann und 2) dass nicht von allen Sparten bzw. Berufsverbänden verständliche Vorgaben zu Richtgagen vorliegen. Solche Unschärfen müssten grundsätzlich auf nationaler Ebene behoben werden. Mit ihrem Bekenntnis zur sozialen Nachhaltigkeit und deren Verankerung in der Kulturbotschaft steht die Stadt Bern in der Verantwortung, zumindest auf städtischer Ebene Hilfeleistung für diese Problematiken zu bieten. Deshalb muss bei städtisch subventionierten Institutionen und Projekten diesbezüglich eine Verbindlichkeit hergestellt werden, um sicherzustellen, dass faire und transparente (Anstellungs)Bedingungen gelten.

Der Gemeinderat wird deshalb dazu aufgefordert in Zusammenarbeit mit Kultur Stadt Bern eine städtische Grundlage für alle städtisch geförderten Kulturschaffenden zu erarbeiten. Folgende Punkte sollen darin enthalten sein:

1. Eine Bezifferung bzw. Auffächerung des Terminus «branchenüblich» in Bezug auf die verschiedenen Sparten
2. Verständlich formulierte Richtgagen und Handhabungen (entweder von den jeweiligen Berufsverbänden zu adaptieren oder durch Verhandlungen zu vereinbaren)

Diese städtische Grundlage soll einfach zugänglich sein damit alle Kulturschaffenden der Stadt Bern, auch ohne Berufsverbandmitgliedschaft, in Kenntnis über ihre Rechte sind.