Eigereicht von Eva Krattiger und Seraina Patzen (JA!)

Am 21. September 2020 fanden in Bern die Kundgebung «Stop Isolation» und die Besetzung des Bundesplatzes von «Rise up for Change» statt. Obwohl beide Veranstaltungen friedlich verliefen, fanden zwei sehr unterschiedliche Polizeieinsätze statt. Bei der Besetzung des Bundesplatzes suchte der Gemeinderat das Gespräch mit den Aktivits_innen und versuchte am Anfang, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Die Polizei war vor Ort, hielt sich aber im Hintergrund und patrouillierte nur ab und zu über den Platz. Als der Gemeinderat die Räumung bei der Polizei in Auftrag gab, legte er explizit Wert auf einen verhältnismässigen Einsatz. Die Räumung verlief dann auch friedlich.
Dagegen versuchte die Polizei die Demonstrant_innen der «Stop lsolation»-Kundgebung mit Wasserwerfer und Gummischrot davon abzuhalten, auf den Bundesplatz zu gelangen und sich der Besetzung dort anzuschliessen. Warum es aus Sicht der Polizei nötig war, dies mit allen Mitteln zu verhindern, bleibt offen. Das Vorgehen der Polizei war völlig unverhältnismässig, die Situation ist eskaliert.
In der Stadt Bern kommt es immer wieder zu massiv unverhältnismässigen Polizeieinsätzen gegen Demonstrant*innen. Das vorliegende Beispiel zeigt aber eines: Wenn der Gemeinderat seine Verantwortung für Polizeieinsätze wahrnimmt und klare Vorgaben für die Polizeiarbeit in der Stadt Bern macht, muss die Polizei diesen Anweisungen nachkommen. Der Gemeinderat hat die strategische Verantwortung für Polizeieinsätze in der Stadt Bern und muss bei Einzelereignissen die Rahmenbedingungen für Polizeieinsätze festlegen.
Leider hat sich der Gemeinderat in der Vergangenheit dieser Verantwortung immer wieder entzogen und die Kantonspolizei verantwortlich erklärt. Dies muss sich ändern.
Die Einreichenden fordern den Gemeinderat deshalb auf, klare und für die Öffentlichkeit einsehbare Richtlinien zu erlassen für den Einsatz der Polizei an Kundgebungen in der Stadt Bern. Diese sollen Grundsätze der Polizeiarbeit in der Stadt Bern festlegen (insbesondere an Kundgebungen).

Insbesondere sollen die Leitlinien folgende Punkte beinhalten:

  1. Einen klaren Ablauf der Informationen und Entscheidungen rund um einen Polizeieinsatz an einer Kundgebung. Wer informiert wann, wen und worüber?
  2. Klare Angaben dazu, wann der Gesamtgemeinderat und wann der Sicherheitsdirektor über einen Polizeieinsatz entscheiden.
  3. Klare Angaben dazu, wann der Gesamtgemeinderat über einen Polizeieinsatz informiert wird und wie er in die Einsatzplanung einbezogen wird.
  4. Definition der Situationen, die vorliegen müssen, damit die Polizei Gummischrot oder den Wasserwerfer einsetzen darf.
  5. Definition von Polizeieinsätzen bei denen zwingend zwei Gemeinderät_innen vor Ort sein müssen.
  6. Strategien, wie mit Kundgebungen umgegangen wird, wenn gleichzeitig mehrere Kundgebungen (z.B. auch Gegenkundgebungen) angekündigt sind. Ziel muss sein, Strategien zu finden, dass beide Kundgebungen stattfinden können.
  7. Ein klarer Ablauf, wann und wie nach einem Polizeieinsatz die Nachbereitung bzw. Nachbesprechung mit dem Gemeinderat stattfindet. Insbesondere soll der Fokus darauf liegen, wie die Nachbereitung stattfindet, wenn die vom Gemeinderat erlassenen Leitlinien von der Polizei nicht erfüllt wurden.