Interfraktionelle Interpellation GB/JA! / SP / GFL / GLP (Regula Bühlmann, GB / Patrizia Mordini, SP / Janine Wicky, GFL / Melanie Mettler, GLP)

Gemäss Kantonaler Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern verdienen Männer im Kanton Bern über 1000 Franken mehr im Monat als Frauen: „Der Bruttomedianlohn von Frauen in der Privatwirtschaft des Kantons Bern betrug im Jahr 2010 5‘107 Franken, jener von Männern 6‘215 Franken. Dies entspricht einem Unterschied von 17.9 Prozent“ (Zahlen zur Gleichstellung, Kantonale Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männer, Bern, November 2014).

Gemäss neuesten Zahlen des Bundesamts für Statistik (Medienmitteilung vom 21. August 2015) bleiben 40.9% dieses Lohnunterschieds unerklärt, können also nicht mit Faktoren wie Ausbildung, Anforderungsniveau, Alter usw. erklärt werden. Dieser potentiell diskriminierende Lohnunterschied beläuft sich in der Privatwirtschaft auf 8.7 Prozent (Basis Durchschnittslohn). Das bedeutet, dass jeder erwerbstätigen Frau pro Monat aufgrund ihres Geschlechts durchschnittlich 678 Franken Lohn entgehen. Aufgrund der Beschäftigtenanzahl im Kanton Bern bedeutet dies schätzungsweise rund 1 Milliarde Franken, welche den Berner Arbeitnehmerinnen Jahr für Jahr entgeht. Das ist sehr viel fehlendes Geld für die betroffenen Frauen und ihre Familien, aber auch viel entgangenes Steuergeld für die Stadt, fehlende Beiträge für die Sozialversicherungen und Altersvorsorge und fehlende Kaufkraft.

Der Gemeinderat wird gebeten, folgende Fragen zu beantworten.

  1. Wie hoch ist der summierte Betrag, der den Arbeitnehmerinnen in der Stadt Bern jährlich aufgrund von Lohndiskriminierung entgeht?
  2. Wie hoch wären die zusätzlichen Steuereinnahmen für die Gemeinde, wenn die Frauen in Bern gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit erhalten würden?
  3. Was wären die volkswirtschaftlichen Auswirkungen (Frauenerwerbstätigkeit, Kaufkraft usw.), wenn die Frauenlöhne dank Lohngleichheit gleich hoch wie Männerlöhne wären?
  4. Was wären die sozialpolitischen Folgen (Ausgaben Sozialhilfe, EL usw.), wenn die Frauenlöhne dank Lohngleichheit gleich hoch wie Männerlöhne wären?
  5. Welche weiteren Schritte ergreift der Gemeinderat, um den seit 1981 in der Verfassung verankerte Grundsatz „gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit“ in der Stadt Bern durchzusetzen?
  6. Wie schätzt der Gemeinderat die vom Bundesrat vom 22. Oktober 2014 in Aussicht gestellten zusätzlichen staatlichen Massnahmen ein, u.a. dass alle Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden ihre Lohnpraxis regelmässig überprüfen müssen?

Bern, 10. September 2015