Eingereicht von Eva Krattiger, JA! und Katharina Gallizzi, GB:

Vor mehr als einem Jahr gab der Gemeinderat im Turm des Münsters bekannt, es sei fünf vor zwölf in Sachen Klimaschutz und im Kampf gegen den Klimawandel seien einschneidende Massnahmen notwendig. Nur mit Umdenken und mit einem radikalen Umsteuern auf emissionsfreie Energieträger kann der Kollaps des Systems noch verhindert werden. Damit das Ziel von maximal 1.5°C Erderwärmung erreicht werden kann, gilt es bis 2035 klimaneutral zu werden. Dieses Ziel hat sich der Stadtrat gesetzt, mit der Annahme einer entsprechenden Motion[1] am 6. Juni 2019. Der Absichtserklärung müssen aber auch Taten folgen, beispielsweise indem der Umbau der Energieproduktion hin zu erneuerbaren Energien mit grosser Priorität gefördert wird.

Laut der Energiestrategie 2050 des Bundes ist die Photovoltaik eine wichtige Technologie für die nachhaltige Energieversorgung der Zukunft. Laut dem Bund ist das Potential von Solarstrom beträchtlich: Gemäss dem eidgenössischen Solarkatatster liessen sich bis zu 67 TWh pro Jahr produzieren.[2] Damit liesse sich der ganze Stromkonsum der Schweiz decken, 2019 belief sich der Verbrauch auf 57 TWh.[3] Die Solarenergie ist die wohl sauberste Energie, emissionsarm und – einmal installiert – praktisch kostenlos verfügbar. Solarenergie stärkt zudem die Selbstversorgung, denn ein grosser Teil der Wertschöpfung verbleibt in der Schweiz. Trotz dieser Vorteile schreitet der Ausbau der Solarenergie in der Schweiz nur sehr langsam voran. Im Jahr 2019 nutzte die Schweiz nur knapp 4% ihres Potentials auf den Dächern für Solarstrom. Im aktuellen Tempo wird die Schweiz das gesamte Potential erst im Jahr 2282 ausschöpfen, im Kanton Bern sogar erst im Jahr 2335.[4]

Auch in der Stadt Bern geht es mit der Umsetzung der Photovoltaik nur sehr harzig vorwärts. Laut Bundesamt für Energie liegt das Solarpotential auf den Dächern und Fassaden in der Stadt Bern bei 592.33 GWh pro Jahr.[5] Der gesamte Stromverbrauch der Stadt Bern beträgt zur Zeit knapp 1’000 GWh pro Jahr, das heisst 60% des städtischen Stromverbrauchs könnte mit lokal produzierter Solarenergie gedeckt werden. Davon sind wir heute jedoch noch weit entfernt.

Ein wichtiger Faktor, der es Privaten erleichtert, Photovoltaikanlagen zu installieren ist eine kostendeckende Vergütung. Obwohl die Eignerstrategie ewb vorschreibt, die Ziele der städtischen Energie- und Klimastrategie sowie des Energierichtplans mitzutragen, vermögen deren Vergütungstarife für Solarmstrom heute nicht die wahren Gestehungskosten der Anlage zu decken. Damit besteht eine grosse Investitionsunsicherheit und die Anlage lässt sich nur mit einem hohen Eigenverbrauch oder komplizierten Zusatzgefässen wie dem Zusammenschluss zum Eigenverbrauch wirklich amortisieren. Das führt zu vielerlei Nachteilen: Dächer werden nur teilbelegt, reine Produktionsanlagen finden keine Investor*innen, das Marktpreisrisiko liegt bei denen, die eigentlich die Energiewende vorantreiben wollen und im schlimmsten Fall werden die Anlagen aufgrund der hohen Hürden (bspw. auch beim Zusammenschluss zum Eigenverbrauch) gar nicht gebaut.

Zudem bestehen heute ungleiche Spiesse: der ökologische Mehrwert des Solarstroms wird monetär nicht anerkannt, während alle andere Energieformen von diversen Vorteilen (externe Kosten nicht anerkannt, versteckte Subventionen, etc.) profitieren.

Verglichen mit den 30 grössten Energiewerken der Schweiz liegt die ewb mit ihren aktuellen Tarifen (je nach Angebot 7.0 oder 9.6 Rp/kWh[6]) höchstens im Durchschnitt.[7] Die Industrielle Werke Basel IWB vergüten beispielsweise 13 Rp/kWh, mit der Zusätzlichen Garantie, dass diese Vergütung auch langfristig ausgerichtet wird. ewb knüpft die höhere Vergütung von 9.6 Rp/kWh zudem an die Nutzung des ewb.HYDROSPEICHERs. Dabei wird der Strom einer Photovoltaikanlage, der nicht sofort verbraucht wird, in einem Hydrospeicher gespeichert und aus diesem wieder geliefert, wenn die Anlage keinen Strom produziert. Die Nutzung des ewb.Hydrospeichers kostet die Solarstromproduzierenden jedoch vier Franken pro Monat4 und zusätzlich fallen die üblichen Netznutzungskosten von 7.96 Rp/kWh an. Für Solarstomproduzierende ergibt sich deshalb praktisch ein Nullsummenspiel, ob sie das Angebot von ewb.HYDROSPEICHER nutzen für 7.96 Rp/kWh oder den überflüssigen Strom direkt für 7.0 Rp/kWh an die ewb verkaufen, respektive den zusätzlich benötigten Strom für 8.1 Rp/kWh (Tarif für ewb.NATUR.Strom) zurückkaufen. Für die ewb liegt der Vorteil des An- und Verkaufs von Solarstrom darin, dass der Strom für 7.0 Rp/kWh Vergütung gekauft wird und als ewb.ÖKO.Strom für 11.9 Rp/kWh weiterverkauft werden kann. Die nationale Energieverordnung schreibt vor, dass «(…) sich die Vergütung nach den Kosten des Netzbetreibers für den Bezug gleichwertiger Elektrizität bei Dritten sowie den Gestehungskosten der eigenen Produktionsanlagen (…)“ richtet.[8] Die Motion fordert in diesem Sinne lediglich die Umsetzung nationaler Gesetzgebung.

Der Gemeinderat wird deshalb aufgefordert, die Eignerstrategie von ewb um die folgenden zwei Punkte zu ergänzen:

  1. Die Produktion von Solarstrom soll von ewb kostendeckend vergütet werden.
  2. Die ewb soll mit der Vergütung und dem Verkauf von Elektrizität aus dezentralen Solaranlagen keinen Gewinn erzielen. Allfällige Überschüsse aus dem An- und Verkauf sollen an die Produzierenden zurückerstattet werden.

[1] 2018.SR.000057

[2] https://www.bfe.admin.ch/bfe/de/home/news-und-medien/medienmitteilungen/mm-test.msg-id-74641.html

[3] https://www.bfe.admin.ch/bfe/de/home/news-und-medien/medienmitteilungen/mm-test.msg-id-78820.html

[4] [4] https://www.wwf.ch/de/medien/solarstrom-potenzial-262-jahre-im-rueckstand

[5] https://www.uvek-gis.admin.ch/BFE/storymaps/ECH_SolarpotGemeinden/pdf/351.pdf

[6] https://www.ewb.ch/privatkunden/angebot/strom-produzieren/verguetung/detail

[7] https://www.vese.ch/pvtarif/#ChartTitle

[8] [8] Art. 12, Abs. 1; https://fedlex.data.admin.ch/filestore/fedlex.data.admin.ch/eli/cc/2017/763/20200101/de/pdf-a/fedlex-data-admin-ch-eli-cc-2017-763-20200101-de-pdf-a.pdf