Eingereicht von Ursina Anderegg, Anna Leissing und Lea Bill (GB):

Für die Mehrheit der Bewohner*innen der Stadt Bern sind Behördengänge nichts Spezielles. Für manche nervig und für andere kurz und effizient. Doch für gewisse Menschen, die sich in der Stadt ummelden wollen und ein Formular ausfüllen müssen oder die z.B. für den Stadtrat kandidieren, stehen schon vor einer Hürde wenn es nur die Option zwischen Frau und Mann gibt. Genauer gesagt sind non-binäre Menschen mit diesen Hürden konfrontiert.

Was bedeutet non-binär genau? Wenn sich Menschen nicht in den Kategorien “Frau” oder “Mann” repräsentiert sehen, wird das auch non-binär Geschlecht genannt. Unsere Gesellschaft sieht aber Geschlecht als etwas strikt Binäres an.

Beim non-binärem Geschlecht geht es um die empfundenen Geschlechtsidentität und nicht um das körperliche Geschlecht. Das Spektrum an non-binären Identitäten ist breit. Non-binäre Menschen können das Bedürfnis verspüren, ihren Körper in einer medizinischen Massnahmen zu verändern. Es ist aber auch verbreitet, dass sie kein Bedürfnis haben, solche Veränderungen vorzunehmen. Es kann sein, dass sich inter* Menschen mit einer der binären Kategorien identifizieren oder sie können sich auch als non-binär sehen. Bei non-binären Menschen ist die Situation sehr unterschiedlich. Gewisse spüren ganz klar, dass sie kein Geschlecht haben (Agender), andere können spüren wie es wechselt (Genderfluid), aber es kann auch sein, dass jemand mit der ganzen Idee vom “gefühlten Geschlecht” gar nichts anfangen kann. Ob sich non-binäre Menschen als trans identifizieren oder nicht, ist unterschiedlich und ihnen überlassen. Gemäss einer repräsentativen Studie aus Deutschland sind 2-3% der Bevölkerung trans, wobei 60% der trans Menschen sich im binären Geschlechtersystem nirgendwo zugehörig fühlen 1. Umgerechnet auf die Stadt Bern sind das bis zu 2500 Personen. Das sind etwa so viele Personen, wie heute in Wittikofen leben. 

Non-binäre Menschen fühlen sich in ihrem gesellschaftlich zugewiesenen Geschlecht oft nicht 100% wohl und sind in unzähligen Situationen damit konfrontiert, sich in die Kategorie „Frau“ oder „Mann“ einordnen zu müssen. Einige würden sich eine “neutrale Option” wünschen und andere fänden es sinnvoller, diese Kategorisierung abzuschaffen. Für non-binäre Menschen ist eine dritte Eintragsmöglichkeit neben alltäglichen Belangen vor allem für ihre persönliche Identität von hoher Relevanz. Das binäre Geschlechtersystem verwehrt die Anerkennung der Geschlechtervielfalt und blendet die Existenz von non-binären Personen aus. Das ist grundrechtlich hoch problematisch. Die Einführung einer neuen Kategorie fördert die Sichtbarkeit von non-binären, inter und trans Personen, was zu mehr Akzeptanz führen kann.

Für die Anerkennung der Geschlechtervielfalt wird der Gemeinderat gebeten:

  1. sämtliche städtischen Systeme, in denen Personaldaten erfasst werden, durch eine dritte geschlechtsneutrale Option (z.B. “divers” oder eine offene Option) zu ergänzen.
  2. auf allen städtischen Formularen (auf Papier wie auch online) eine dritte geschlechtsneutrale Option zu schaffen.

 

1Recher, Alecs (2018): Kritik an Transmenschen-Gesetzesentwurf: «Der Bundesrat signalisiert: Ihr existiert nicht», Watson vom 24. Mai 2018, [online] https://www.watson.ch/schweiz/interview/190564726-kritik-an- transmenschen-gesetzesentwurf-der-bundesrat-signalisiert-ihr-existiert-nicht [2021.02.12].