Interfraktionelle Motion GB/JA! / SP (Regula Bühlmann GB, Cristina Anliker Mansour GB, Patrizia Mordini SP)

In der Schweiz herrscht ein enormes Demokratiedefizit, denn ein grosser Teil der Bevölkerung ist vom politischen Leben ausgeschlossen. Rund 900‘000 Menschen könnten sich in der Schweiz einbürgern lassen, da sie schon über 10 Jahre in der Schweiz leben.[1] Rund 180‘000 sind hier geboren, also klassische Second@s, rund 120‘000 sind als Kinder oder Jugendliche in die Schweiz gekommen. Sie alle prägen die Schweizer Gesellschaft mit und sind Teil davon. Sie tragen zum Wohlstand und zum gesellschaftlichen Leben bei, zahlen Steuern, ohne jedoch über deren Verwendung mitbestimmen zu können.

Doch anstatt dieses Demokratiedefizit möglichst rasch zu beheben, ist die Schweiz daran, den Einbürgerungswilligen zusätzliche Steine in den Weg zu legen: 2018 tritt ein neues, verschärftes Bürgerechtsgesetz in Kraft. Im Kanton Bern hat das Stimmvolk die Verschärfungen schon 2013 aufgrund einer Initiative der JSVP in die Kantonsverfassung gemeisselt.

Doch das Erlangen der Schweizer Staatsbürgerschaft ist kein „Privileg und keine Ehre“, die nur den „höchst Intergierten“ zukommt. Vielmehr geht es um die Anerkennung der Zugehörigkeit zur Schweiz, um das Recht auf politische Mitbestimmung, um den Schutz gegen willkürliche Massnahmen sowie um die Stärkung der BürgerInnenbeteiligung auf allen Ebenen in unserer Demokratie, die stark auf das Milizsystem setzt. Es ist eine Zumutung, ein langes, nicht selten teures und umständliches Prozedere durchlaufen zu müssen, um dieses Recht zu erlangen.

Im Sinne der Demokratieförderung und um den nationalen und kantonalen Verschärfungen positive Massnahmen entgegenzusetzen bitten wir den Gemeinderat um die Umsetzung folgender Massnahmen:

1.       Die Stadt Bern soll auf die Erhebung von Einbürgerungsgebühren verzichten.

2.       Bei Second@s und Familien sind durch die Stadt Bern zusätzlich auch die kantonalen Einbürgerungsgebühren zu übernehmen.

3.       Die Behandlungsdauer von Einbürgerungsgesuchen durch die Gemeinde ist auf maximal ein Jahr zu reduzieren.

4.       Ausländerinnen und Ausländer, die die Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllen, sind schriftlich einzuladen, Bürgerin oder Bürger der Stadt Bern und der Schweiz zu werden.

Bern, 26. Mai 2016

[1] Schätzungen gemäss einer Studie der Eidgenössischen Migrationskommission (EKM) von 2012 „Einbürgerungslandschaft       Schweiz. Entwicklungen 1992-2010“ https://www.ekm.admin.ch/ekm/de/home/buergerrecht—citoyennete/bueg.html