Interfraktionelles Postulat GB/JA!, GFL/EVP, SP/JUSO (Regula Bühlmann, GB / Katharina Gallizzi, GB / Bettina Jans-Troxler, EVP / Yasemin Cevik, SP / Lena Sorg, SP)

Die Stadt Bern als fortschrittliche Arbeitgeberin bietet ihren Angestellten 16 Wochen Mutterschafts- und neu vier Wochen Vaterschaftsurlaub. Diese geburtsbezogenen Urlaube dienen der Erholung von Eltern und Kind und unterstützen sie beim Start in den Alltag als Familie. Doch auch nach dem ersten bzw. nach den ersten vier Lebensmonaten braucht ein Kind Fürsorge sowie verlässliche und konstante Beziehungen. Gleichzeitig ist es gleichstellungs-, gesellschafts- und wirtschaftspolitisch unerlässlich, dass beide Eltern die Möglichkeit haben, weiterhin einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Anders als die meisten anderen europäischen Länder kennt die Schweiz jedoch keine Elternzeit, die nach den geburtsbezogenen Urlauben die Vereinbarkeit von Familienleben und Berufstätigkeit beider Elternteile erleichtert.

Die Eidgenössischen Kommissionen für Frauen- (EKF) und Familienfragen (EKFF) haben den Handlungsbedarf aufgezeigt und nationale Politikerinnen und Politiker versuchen mit verschiedenen Vorstössen, die Lücken zu schliessen und die Schweiz auf europäischen Standard zu bringen. Angesichts der derzeitigen Mehrheitsverhältnisse im Nationalrat ist aber unwahrscheinlich, dass diese Bemühungen in naher Zukunft zum Ziel führen.

Anders in den Städten: Als fortschrittliche Arbeitgeberin kann Bern – wie beim Vaterschaftsurlaub – vorangehen und attraktive Arbeitsbedingungen bieten, die national noch nicht möglich sind. Sie kann Umsetzungsvarianten ausarbeiten, die dem Anliegen in politisch gewogeneren Zeiten auch national zum Durchbruch verhelfen können.

Dafür bietet sich das von der EKF vorgeschlagene Modell (https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-61440.html) einer zu 80% bezahlten Elternzeit von 24 Wochen an, die im Anschluss an Mutter- und Vaterschaftsurlaub während eines Jahres bezogen werden kann. Der Bezug soll in Tagen, in Wochen oder auch durch eine Anpassung des Arbeitspensums möglich sein. Gemäss einer älteren Forderung der EKF (https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-42147.html) sollen beide Elternteile paritätisch je 12 Wochen beziehen. Da bei der kommunalen Umsetzung keine Finanzierung durch die Erwerbsersatzversicherung möglich ist, muss auch die Frage der Kosten geklärt werden. Möglich wäre beispielsweise ein Pilotprojekt mit weiteren Gemeinden, allenfalls mit finanzieller Beteiligung des Bundes.

Wir bitten den Gemeinderat deshalb, folgende Punkte zu prüfen und dafür wenn möglich ein Pilotprojekt aufzugleisen:

  1. Einführung einer 24-wöchigen Elternzeit für städtische Mitarbeitende nach dem oben skizzierten Modell der EKF;
  2. Kosten und Finanzierung der Elternzeit;
  3. Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden und dem Bund.

Bern, 15. Juni 2017