Interfraktionelle Motion GB/JA!, AL/GaP/PdA, GFL/EVP, SP/JUSO (Katharina Gallizzi, GB / Tabea Rai, AL / Bettina Jans-Troxler, EVP /Bettina Stüssi, SP) :

Tagesschulen tragen massgeblich zur Chancengleichheit von Eltern und Kindern bei. Sie ermöglichen die Vereinbarkeit von Familie und Berufsleben, weil die Kinder je nach Bedarf zwischen 7 Uhr morgens und 18 Uhr abends familienergänzend betreut werden können. Aber nicht nur für die Eltern, auch für die Kinder ist der Besuch der Tagesschule ein Gewinn. Das gemeinsame Mittagessen stärkt beispielsweise das Zusammengehörigkeitsgefühl der Kinder. Auch haben die Kinder die Möglichkeit Kontakte über die Klassengrenzen zu älteren oder jüngeren Schülerinnen und Schülern zu knüpfen, von denen sie neues Lernen können oder an die sie Wissen weitergeben.  Tagesschulen haben generell einen „integrativen“ Charakter und können einen Beitrag zur Chancengerechtigkeit leisten.

Die Tagesschulen sollen für alle Kinder zugänglich sein. Deshalb ist der Rechtsanspruch auf einen Tagesschulplatz im Volksschulgesetz des Kantons Bern festgeschrieben. Der Rechtsanspruch alleine genügt aber nicht, die Tagesschule muss auch für alle erschwinglich sein. Dieser Tatsache wird in der kantonalen Tagesschulverordnung Rechnung getragen. Sie legt fest, dass die Tarife für die Betreuung in Abhängigkeit des Einkommens und Vermögens der Eltern, sowie der Familiengrösse festgelegt werden. Die Tarife reichen von 0.76 Fr. bis 12.03 Fr. pro Stunde. Dieses System sollte es allen Familien ermöglichen unabhängig von ihrer finanziellen Situation die Kinder in einer Tagesschule betreuen zu lassen.

Leider hat das System aber einen Haken. Die kantonale Tagesschulverordnung stellt es den Gemeinden nämlich frei, neben den Gebühren für die Betreuungsstunden auch eine Gebühr für die Mahlzeiten zu erheben, die maximal im Rahmen der effektiven Kosten für das Essen liegen. In der Stadt Bern wurde diese Gebühr mit dem Gemeinderatsbeschluss Nr. 2017-124 vom 1. Feb. 2017 von 8 Fr. auf 9 Fr. angehoben. Die Gebühren für das Essen werden unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten und der Grösse einer Familie erhoben.  Dies führt zu der absurden Situation, dass die einkommensschwächsten Familien für das Mittagessen gleich viel bezahlen wie für 12 Betreuungsstunden, während es bei den Einkommensstärksten nur gerade so viel ist wie für ¾ Betreuungsstunden. Dies ist umso gravierender, weil die meisten Kinder die Tagesschule über Mittag besuchen. Durch die Mahlzeitenpauschale wird also die soziale Abstufung der Tarife ausgehebelt und es gibt Familien, welche es sich nicht mehr leisten können, ihre Kinder über Mittag in der Tagesschule betreuen zu lassen.

Damit die in der Bildungsstrategie angestrebte Chancengerechtigkeit gelten kann, müssten also nicht nur die Tagesschultarife, sondern auch die Mahlzeitenpauschalen abhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern bemessen werden.

Wir fordern den Gemeinderat deshalb auf, die Tarife für die Mahlzeiten in Tagesschulen so abzustufen, dass sie auch für Eltern mit beschränkten finanziellen Mitteln erschwinglich sind.

Bern, 31. Januar 2019