Postulat Fraktion GB/JA! (Rahel Ruch, Lea Bill):

Die Strategie des Gemeinderates, die Berner Bevölkerung dabei zu unterstützen, sich den öffentlichen Raum anzueignen – z.B. mittels Parklets und Möblierung – ist begrüssenswert. Angesichts der langjährigen Politik gegen Sitzmöglichkeiten insbesondere in der Innenstadt, um unerwünschte Nutzer_innen des öffentlichen Raums zu verdrängen, begrüssen die Postulant_innen diesen Paradigmenwechsel.
Es stellt sich allerdings die Frage, wie sich das neue Konzept auf die Nutzung des öffentlichen Raums und auf den öffentlichen Raum allgemein auswirkt und ob und wie allfällige unerwünschte Effekte festgestellt und untersucht werden. Wie wird zum Beispiel sichergestellt, dass Gruppen wie Jugendliche oder Menschen mit Lebensmittelpunkt Gasse durch die gezielte Bevölkerung des öffentlichen Raumes nicht verdrängt werden? Gibt es eine Strategie, um dafür zu sorgen, dass der öffentliche Raum immer noch Treffpunkt für alle darstellt und nicht von privilegierten Gruppen dominiert wird? Wie wird gewährleistet, dass im öffentlichen Raum kein Konsumzwang herrscht und auch kein gesellschaftlicher Druck, zu konsumieren? Wie wird mit allfälligen Nutzungskonflikten umgegangen, wie kann gegenseitiger Respekt gefördert werden? Wie garantiert die Stadt, dass auch künftig gewisse Orte einfach leer bleiben?
Die Postulant_innen stellen fest, dass die aufgeworfenen Fragen zwar diskutiert werden, aber keine klare Begleitstrategie der neuen Konzepte wie Möblierung des öffentlichen Raums und Pop-up Projekte zu erkennen ist.
Wir fordern deshalb den Gemeinderat auf, in Zusammenarbeit mit einer unabhängigen Institution (z.B. Universität oder Hochschule) eine sozialräumliche Studie zu erarbeiten, welche Auskunft über die Veränderung des Lebens im öffentlichen Raum gibt, mit einem besonderen Augenmerk auf marginalisierte Gruppen wie Menschen mit Lebensmittelpunkt auf der Gasse, Jugendliche, Migrant_innen und Menschen, die aufgrund fehlenden Geldes von Konsum ausgeschlossen sind. Zudem soll die Studie mögliche Massnahmen gegen Verdrängungseffekte aufzeigen.

Bern, 8. November 2018