Durch die vorgeschlagenen neuen Verbindungswege – zum Beispiel vom Bremgartenwald zum Könizbergwald, aber auch in Ost-West-Richtung – kann das momentan sehr zerstückelte Gebiet zu einem vernetzten Quartier zusammenwachsen, was den Raum enorm aufwerten wird.

Das Areal scheint prädestiniert für die geplante Erhöhung der Dichte. Allerdings bedingt dieses Vorhaben auch einen sehr bewussten und sorgfältigen Umgang mit den Aussen- und Freiräumen. Im Folgenden gehen wir auf ein paar Punkte ein, die uns im Richtplan wichtig scheinen.

Mobilität und Verkehr

Der Richtplan fordert einen Modalsplit mit 20% MIV. Zudem soll der Wirtschafts- und Werkverkehr nicht eingeschränkt werden. Der vorgesehene Modalsplit berücksichtigt nicht einmal die Minimalziele des STEK, was an diesem Standort nicht zu rechtfertigen ist. Das Areal ist optimal mit dem ÖV erschlossen und liegt an zwei Velohauptrouten. Die ausgezeichneten Voraussetzungen des Standortes bezüglich reduktion des MIV werden nicht ausgeschöpft. Wir fordern darum, dass auf dem Areal der MIV-Anteil im Modalsplit auf 10% reduziert wird.

Damit dieses Ziel erreicht werden kann, muss die Attraktivität für das Velo nochmals gesteigert werden. Die Velohauptrouten zum Areal müssen bis zur Inbetriebnahme des BFH Campus fertiggestellt werden. Auch Veloparkplätze müssen in genügender Anzahl und gratis zur Verfügung stehen. Die vorgeschriebene Zahl von 2’000 Veloabstellplätzen auf dem Areal ist entsprechend zu erhöhen.

Wir haben Verständnis dafür, dass der Mix von Wohnen, Arbeiten und Gewerbe nur funktionieren kann, wenn der Wirtschafts- und Werkverkehr nicht allzusehr eingeschränkt wird. Einen “Blanco-Cheque” für diese Verkehrsarten, wie sie der Richtplan vorsieht, halten wir jedoch für unangebracht. Damit die Energie- und Klimaziele der Stadt eingehalten werden können, muss auch das Gewerbe seinen Beitrag leisten und die unterschiedlichen Nutzungen des Areals können nur koexistieren, wenn die Verkehrsbelastung möglichst gering gehalten wird. Wir fordern deshalb, dass der Richtplan auch für das Gewerbe eine Reduktion der Verkehrsmenge vorsieht, und dass der nicht vermeidbare Anteil möglichst umweltverträglich gestaltet werden soll, z.B. durch die Förderung von E-Mobilität durch bereitstellen von Ladeinfrastruktur für Werkangestellte.

Dem vorgesehenen Parkhaus für das Park and Ride stehen wir kritisch gegenüber. Zwar ist das Areal tatsächlich von der Autobahn her gut erschlossen und ein Umsteigen vom Auto auf den ÖV wäre gut machbar, wir halten es aber nicht für zielführend, die Autos so weit in die Stadt hinein fahren zu lassen. Das Park and Ride würde viele zusätzliche Fahrten generieren, die es zu vermeiden gilt. Es ist zu prüfen, ob ein Park and Ride nicht weiter aussen (z.B. in Brünnen) oder in einer Vorortsgemeinde erstellt werden kann.

Die Erschliessung innerhalb des Areals, beispielsweise auf der Stöckackerstrasse vor dem Weyerli muss aus unserer Sicht möglichst MIV-frei sein. Das Weyerli ist einer der wichtigsten Naherholungsräume im Westen von Bern. Es ist wichtig, diesen identitätsstiftenden Ort von Verkehr möglichst zu befreien und nicht mit zusätzlichen Fahrten zu belasten. Neben der Reduktion des Verkehrs schlagen wir deshalb vor, auf der Stöckackerstrasse eine Tempo-20-Zone einzuführen. Auch in anderen Teilen des Areals mit hohem Fussverkehrsaufkommen (z.B. in der Umgebung des Campus) sollen Tempo-20-Zonen errichtet werden. Im ganzen Rest des ESP-Perimeters, und nicht nur auf bestimmten Strassenabschnitten, fordern wir Tempo 30.

Damit die Vorgaben bezüglich Fahrten und Modalsplit eingehalten werden, braucht es ein gutes Monitoring und allfällige Sanktionsmechanismen.

Wohnraum

Das neue Quartier, soll laut Richtplan vielfältiges urbanes Wohnen für unterschiedliche Zielgruppen ermöglichen. Zudem fordert der Richtplan: «Gleichzeitig werden hohe städtebauliche, architektonische und freiraumplanerische Qualitäten sichergestellt. Die Neubauten, insbesondere die städtebaulichen Akzente, tragen zur Stärkung der Identität und Aufwertung des Images bei.» Diese Priorisierung kann dazu führen, dass das Bauen im ESP teuer wird und Prestigebauten mit teuren Wohnungen entstehen. Es muss unbedingt verhindert werden, dass das Gebiet gentrifiziert wird (Aufwertung Image) und für Bewohnerinnen der angrenzenden, eher ärmeren Quartiere unerschwinglich.

Damit die Wohnungen nicht unerschwinglich werden, sind qualitätssichernde Verfahren zwingend notwendig. Es sind offenen Wettbewerbe durchzuführen und Projekte zu priorisieren welche sowohl wirtschaftlich, ökologisch und im Sinne eines geringen Flächenverbrauchs, zu den Besten gehören.

Der Richtplan enthält keinerlei Instrumente, die auf eine Abfederung des Sozialen Grabens zwischen dem neuen ESP Gebiet und den angrenzenden Quartieren (z.B. Untermatt) abzielen.

Die Erstellung von preisgünstigem aber energieeffizientem Wohnraum muss unbedingt gefördert werden. Wir fordern entsprechend, dass mindestens 2/3 der Wohnungen im preisgünstigen Segment erstellt werden sollen.

Zudem sollte man wegkommen von der Idee auf dem Areal Leuchtturm- und Prestigebauten erstellen zu wollen. Natürlich befürworten wir den Bau von architektonisch hochwertigen Gebäuden, jedoch sollten sie trotz allem für möglichst viele Mieterinnen und Mieter erschwinglich sein.

Wir begrüssen, dass bereits jetzt an die Schulraumplanung gedacht wird denn in den neuen Wohnungen werden sicher auch Kinder leben. Ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass auf dem Areal auch genügend Kinderbetreuungsplätze in KiTas und Tagesschulen zur Verfügung stehen müssen.

Sozialraum

Es gibt im Richtplan zwar ein Kapitel Sozialraum, dieses ist jedoch extrem dürftig und wird der Herausforderung an diesem Standort in keiner Weise gerecht (vgl. auch Abschnitt Wohnraum). In den Leitsätzen ist die Rede davon, dass der sozialräumlichen Vernetzung mit den angrenzenden Quartieren besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden soll. Dies begrüssen wir sehr, jedoch reicht es nicht, hier bloss einen Leitsatz zu formulieren. Wir vermissen konkrete Ideen und Ansätze wie man die Durchmischung fördern kann. Zudem muss sichergestellt werden, dass das Quartier wirklich belebt wird und sich die verschiedenen Nutzergruppen begegnen können. Es ist zu begrüssen, dass temporäre Nutzungen gefördert werden und die Aneignung des Raums durch die neuen Bewohnenden gefördert werden soll. Allerdings muss darauf geachtet werden, dass die momentanen Nutzergruppen, z.B. des Weyerli, nicht verdrängt werden.

Auch sollte darauf geachtet werden, wie beispielsweise die sehr lebendige und vielfältige Kultur im Haus der Religionen oder in den Familiengärten in das neue Quartier integriert und ein Teil davon werden kann.

Wir fordern deshalb ein vertieftes Konzept, das sich mit dem Sozialraum auseinandersetzt und solche Fragen klärt.

Grün- und Freiraum

Eine grosse Herausforderung stellt die Erstellung von qualitativ hochwertigem Grün- und Freiraum auf dem Areal dar. Zwar gibt es mit dem Weyerli eine sehr grosse grüne Fläche, diese ist jedoch momentan nur beschränkt zugänglich. Es ist unbedingt sicher zu stellen, dass das Weyerli jederzeit und von allen Seiten möglichst ungehindert zugänglich ist, damit es jederzeit als öffentlicher Freiraum genutzt werden kann.

Neben dem Weyerli sind die Grünflächen rar. Lediglich neben dem BFH-Capus und entlang des Stadtbachs sollen neue Grünflächen entstehen. Wir fordern, dass zusätzliche Grünflächen erstellt werden, die von hoher ökologischer Qualität sind und damit die ökologische Vernetzung im Quartier verbessern. Zudem braucht es im ganzen Perimeter grosszügige Aufenthaltsbereiche, Kinderspielplätze und grössere Spielflächen, welche über die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestflächen hinaus gehen.

Ein zentraler öffentlicher Raum, soll der Raum unter dem Viadukt sein. Dieser Ort ist tendenziell dunkel und kann auch schlecht begrünt werden. Wir haben gewisse Zweifel, dass hier eine lebendige Piazza entstehen kann, wo sich Menschen treffen und verweilen. Trotzdem bietet dieser Raum Potential für z.B. wettergeschützte Nutzungen. (Ausweitung des Skateparks, Open-Air Fitnessgeräte oder Platz für einen Markt oder kulturelle Veranstaltungen).

Zudem sehen wir ein gewisses Konfliktpotential durch die Überlagerung von Freiraum und ÖV Linien unterhalb des Viadukts.

Auch hier fordern wir deshalb ein Konzept, dass sich mit der Frage der Nutzung dieses Raumes detailliert auseinandersetzt. Zu begrüssen wäre ein Qualitätssicherndes Verfahren z.B. in Form eines offenen Projekt- oder Ideenwettbewerbs, welcher kreative Nutzungen und Visionen zutage bringt.

Umwelt und Energie

Wir begrüssen die Strategien zur Energieoptimierung mit Hilfe des Gesamtenergiekonzepts, die Förderung von Quartierverbünden oder die Nutzung von lokaler Abwärme.

Allerdings sind viele Forderungen unserer Meinung nach zu vage formuliert. Beispielsweise soll bei nicht-Anschluss ans Fernwärmenetz der Einsatz von erneuerbaren Energien lediglich geprüft werden. Auch wird festgeschrieben, dass die Entwicklung des ESP zu keinen wesentlichen zusätzlichen Umweltbelastungen führen soll. Und auch für die Überbauungen sollen hohe energetische Standards – im Sinne von 2´000-Watt Arealen – lediglich angestrebt werden.

Wir fordern hier mehr Verbindlichkeit. In den behördenverbindlichen Teilen des Kapitels 3.5 sollten die vagen “kann”-Formulierungen und Prüfaufträge durch klare Verpflichtungen zu den aufgeführten Themen ersetzt werden.