Die grünen Regional- und Stadtparteien im Gebiet der Regionalkonferenz Bern-Mittelland sind mit den Planungsgrundlagen für das regionale Gesamtverkehrs- und Siedlungskonzept der zweiten Generation (RGSK II) nicht einverstanden. Sie kritisieren, dass das RGSK II von einem zu hohen Flächenbedarf fürs Wohnen ausgeht und viele Kapazitätsausbauten für den Strassenverkehr vorsieht. Die Grünen der Region Bern* fordern eine Überarbeitung mit dem Ziel, weniger Vorranggebiete für künftige Einzonungen auszuscheiden. Sie verlangen absolute Priorität für die innere Verdichtung wie auch für den öffentlichen Verkehr, den Fuss- und Veloverkehr; der E-Bike-Verkehr verdient dabei erhöhte Beachtung.

Die Bevölkerung in den 85 Gemeinden der Regionalkonferenz Bern-Mittelland soll bis zum Jahr 2030 um zehn Prozent wachsen, und der motorisierte Individualverkehr (MIV) soll in dieser Zeit um 21 Prozent zunehmen. Das sieht das regionale Gesamtverkehrs- und Siedlungskonzept der zweiten Generation (RGSK II) vor, das die Regionalkonferenz bis zum 10. Juli in die öffentliche Mitwirkung geschickt hatte.

Die Grünen sind mit verschiedenen Stossrichtungen des RGSK II grundsätzlich einverstanden: so mit der Siedlungsentwicklung nach innen, der Verdichtung bestehender Bauzonen und der VVV-Strategie, die Verkehr vermeiden, verlagern (in öffentlichen Verkehr sowie Fuss- und Veloverkehr) und verträglich gestalten will. Aus Sicht der Grünen werden diese deklarierten Ziele im RGSK II jedoch viel zu wenig konsequent angestrebt. Dies ist unter anderem auf den mechanistischen Ansatz zurückzuführen, der bloss die künftige Nachfrage nach Wohnraum und Mobilität extrapoliert und dann analysiert, wie diese befriedigt werden kann. Die Grünen erwarten hingegen eine stärker angebotsorientierte Planung, die sich auch an Visionen orientiert und insbesondere eine eigentliche Verkehrswende anstrebt: kein MIV-Wachstum mehr in der Region Bern!

Korrekturen für Kulturland- und Klimaschutz gefordert

Die Grünen fordern vorab im Interesse des Kulturland- und Klimaschutzes eine Entkoppelung des Bevölkerungswachstums vom Flächenverbrauch und vom Verkehrswachstum. Dazu braucht es eine Überarbeitung des RGSK II. Wie im Bericht dazu aufgezeigt, ist die Raumnutzerdichte in der Stadt Bern und den umliegenden Gemeinden heute schon deutlich höher, als bei der Berechnung des Flächenbedarfs angenommen wurde. Aus Sicht der Grünen ist deshalb eine markante Korrektur des Flächenbedarfs nach unten angezeigt. Damit kann auf einen Grossteil der vorgesehenen 64 Vorranggebiete für Siedlungserweiterungen verzichtet werden. Die Grünen fordern deshalb eine deutliche Reduktion der Liste der Vorranggebiete, damit ein Grossteil der betroffenen knapp 500 Hektaren Kulturland nicht beansprucht werden muss.

Strengere Anforderungen an Siedlungserweiterungen

Der inneren Verdichtung soll absolute Priorität eingeräumt werden. Solange ihr Potenzial nicht ausgeschöpft ist, sollen Siedlungserweiterungen unterlassen werden oder strengere Voraussetzungen als vorgesehen erfüllt werden müssen. Für Vorranggebiete fürs Wohnen sollen höhere Mindestdichten vorgeschrieben werden, gemäss den Forderungen der Grünen für die kantonale Richtplan- und Baugesetzrevision. Für Vorranggebiete fürs Arbeiten sollen bessere Erschliessungen mit öffentlichem Verkehr (mindestens Güteklasse C) verlangt werden. Ausserdem fordern die Grünen zusätzliche RGSK-Massnahmenblätter zur Förderung der inneren Verdichtung, des bodensparenden gemeinnützigen Wohnungsbaus sowie von autofreien oder zumindest autoarmen Siedlungen. Nach dem Vorbild der regionalen Energieberatungsstellen könnten öffentliche Beratungsstellen für Gemeinden und Grundbesitzende die innere Verdichtung vorantreiben helfen.

Gegen Kapazitätsausbauten für den Strassenverkehr

Das dem RGSK II zugrunde gelegte Verkehrswachstum halten die Grünen für Mensch und Umwelt für nicht verträglich. Eine weitere Zunahme des MIV ist zu vermeiden. Die Grünen lehnen deshalb zahlreiche vorgeschlagene Ausbauten der Strassenkapazitäten ab und fordern, dass Verbesserungen für den öV und den Fuss- und Veloverkehr unabhängig von Strassenprojekten realisiert werden. Konkret sprechen sich die Grünen beispielsweise gegen die Entlastungsstrasse Nord in Münsingen und gegen einen Autobahnzubringer in Zollikofen aus. Sie unterstützen hingegen eine rasche Realisierung von Massnahmen im Bereich des Verkehrsmanagements und erwarten, dass das RGSK II dem grossen Potenzial des E-Bike-Verkehrs stärker Rechnung trägt, unter anderem auch durch die Förderung von Velobahnen.

Mit Nachdruck unterstützen die Grünen die vorgesehenen Massnahmen zur Förderung des öffentlichen Verkehrs; dabei regen sie einen Systemwechsel zu Zweirichtungstrams an, womit der Landverbrauch für Wendeschlaufen verringert werden könnte. Verstärkte Bemühungen verlangen die Grünen zur Förderung der Mobilität zu Fuss und per Velo.

 

Zur Landschaft Sorge tragen – mit dem Grünen Band

Positiv werten die Grünen die Integration von Massnahmen zur Aufwertung der Landschaft ins RGSK. Sie unterstützen insbesondere die Idee des „Grünen Bandes“, das um die Kernagglomeration herum besonders gepflegt werden soll. Sie machen aber auch zahlreiche Vorschläge, wie Natur und Landschaft in der Region Bern noch konsequenter gefördert werden sollten.

In Bezug auf das weitere Vorgehen machen die Grünen geltend, dass verschiedene Grundlagen für das RGSK II zurzeit noch nicht vorliegen, beispielsweise der neue Richtplan des Kantons oder das Berner Stadtentwicklungskonzept. Sollten sich daraus wesentliche Ergänzungen oder Änderungen am RGSK ergeben, erwarten die Grünen, dass dazu die öffentliche Mitwirkung nachgeholt wird.

Zum Dokument der Mitwirkung im Detail geht es hier.

* Die grüne Stellungnahme zum RGSK II wurde von Mitgliedern der folgenden vier Stadt- und Regionalparteien der Grünen Kanton Bern erarbeitet:

– Grüne Mittelland-Süd
– Grüne Mittelland-Nord
– Grünes Bündnis GB, Stadt Bern
– Grüne Freie Liste GFL, Stadt Bern

Ausgehend von der gemeinsam erarbeiteten Stellungnahme nehmen die Parteien einzeln am Mitwirkungsverfahren teil.