Trotz der bundesrätlichen Empfehlung zuhause zu bleiben, zog das schöne Frühlingswetter in den letzten Wochen viele Menschen nach draussen. Stadtpärke und teilweise auch bekannte Ausflugsorte mussten gar abgesperrt werden. Vielerorts war in den Grünanlagen und den Naherholungsgebieten ein Social Distancing nicht möglich. Wir folgern daraus, dass in Zukunft die siedlungsnahen Erholungsgebiete aufgrund der Bevölkerungsdichte flächenmässig und qualitativ ausgedehnt werden müssen.

In der Stadt Bern ist der Nutzungsdruck vor allem entlang der Aare und in den städtischen Wäldern sehr gross. Im Westen von Bern schlummert dagegen ein grosses Potential: Hier liegen rund 8 km² Kulturland, das intensiv landwirtschaftlich bewirtschaftet wird. In den letzten Jahrzehnten sind durch die rationellere landwirtschaftliche Produktion Kleinstrukturen wie Bäche, Tümpel, Bäume und Hecken verschwunden, die Kulturlandschaft wurde zunehmend ausgeräumt. Im regionalen Gesamtverkehrs- und Siedlungskonzept (RGSK) gehört die Landschaft im Westen von Bern zum «Grünen Band». Das Grüne Band ist ein Grünraumkorridor, welcher das Siedlungsgebiet von der offenen Landschaft trennt. Im Konzept handelt es sich um einen Ausgleichsraum für die Naherholung, ein wichtiger ökologischer Lebensraum, der weiterhin vorwiegend landwirtschaftlich genutzt wird und für den Fuss- und Veloverkehr gut erschlossen ist. Das Grüne Band ist also eine funktionale Überlagerung von Naherholung, Bewegung, Ökologie und Landwirtschaft. Bisher handelt es sich beim Kulturland im Westen von Bern aber um einen für den Fuss- und Veloverkehr schlecht erschlossenen Raum, der primär der landwirtschaftlichen Produktion dient und wenig ökologische Qualität aufweist. Im Freiraumkonzept der Stadt Bern weist der Westen von Bern ein Defizit auf bei den Bedürfnissen «Erholung im Grünen» sowie «Ruhe und Rückzug». Die Corona-Krise verdeutlicht die Bedeutung von städtischen Naherholungsgebieten, gerade auch im Westen von Bern.

Das Grüne Band ist ein überzeugendes Konzept, welches die Erholungsqualität des agglomerationsnahen Grünraums stärken will. Jetzt ist es höchste Zeit, mit der Umsetzung zu starten. Schliesslich helfen attraktive, siedlungsnahe Erholungsgebiete auch über die Corona-Krise hinaus, den Freizeitverkehr zu verringern. Dieser macht in der Schweiz den grössten Anteil am Gesamtverkehr aus.

Die Regionalkonferenz hat für die Umsetzung des Grünen Bandes beim Bundesamt für Raumentwicklung Mittel beantragt im Rahmen eines Modellvorhabens. Zudem können viele von den Landwirt_innen ergriffene Massnahmen zur Landschaftsaufwertung (Hecken anlegen und pflegen, Bäche renaturieren, Bäume, Allen, Obstgärten pflanzen und anlegen, etc.) über die Direktzahlungen abgegolten werden (Biodiversitätsbeiträge, Landschaftsqualitätsbeiträge). Für die Landschaftsaufwertung im Westen von Bern können also Beiträge des Bundes und des Kantons abgeholt werden. Dass die ländliche Bevölkerung im Westen von Bern den Wert ihrer Landschaft erkennt und bereit ist, diese zu schützen und aufzuwerten zeigt der Widerstand gegen die geplante BLS Werkstätte im Chlyforst.

Wir bitten den Gemeinderat um die Beantwortung folgender Fragen:

  1. Teilt der Gemeinderat die Auffassung, dass das Kulturland im Westen von Bern ein grosses Potential hat für eine attraktive Naherholungslandschaft und diese in Zukunft gefragt sind?
  2. Ist der Gemeinderat bereit, aufgrund der Erfahrungen aus der Corona-Krise die Arbeiten zur Umsetzung des Grünen Bandes im Westen von Bern zu fordieren?
  3. Welche Arbeiten zur Umsetzung des Grünen Bandes hat die Stadt Bern bisher unternommen? Wie verläuft die Zusammenarbeit mit der Regionalkonferenz und den Nachbargemeinden? Welche Schritte zur Umsetzung des Grünen Bandes sind vorgesehen?
  4. Inwiefern ist die Stadt Bern in das eingereichte Modellvorhaben zum Grünen Band involviert und welche Resultate werden erwartet?
  5. Gibt es andere Konzepte zur Landschaftsaufwertung im Westen von Bern, welche bisher nicht zur Umsetzung gelangten?
  6. Welche Schritte unternimmt der Gemeinderat zur Behebung der im Freiraumkonzept festgestellten Defizite?

Bern, 23. April 2020

Erstunterzeichnende: Franziska Grossenbacher, Devrim Abbasoglu-Akturan
Mitunterzeichnende: Lea Bill, Seraina Patzen, Regula Bühlmann, Sarah Rubin, Eva Krattiger,, Seraphine Iseli, Rahel Ruch, Ursina Anderegg, Katharina Gallizzi