Das Grüne Bündnis Bern (nachfolgend: GB) vertritt als Stadtpartei die Wähler_innen im Stadt- und Gemeinderat. Zu den Aufgaben des GB gehört gemäss Art. 2 seiner Statuten «der Einsatz für eine konsequente Umweltpolitik sowie die Wahrung der Anliegen des kantonalen Baurechts und des Natur- und Heimatschutzes». Die Mitglieder und Wähler_innen des GB sowie die Einwohnenden der Stadt Bern sind durch die projektbedingte Erhöhung der Anzahl Fahrzeuge auf der Autobahn A6 betroffen, weil ein grosser Teil des Verkehrswachstums auch Quell- und Zielverkehr in und aus städtischen Quartieren darstellt. Zudem sind durch das Ausbauprojekt Wankdorf die Mitglieder und Wähler_innen des GB sowie alle Einwohnenden der Stadt Bern von den negativen Auswirkungen auf Biodiversität, Klima sowie Ressourcen- und Energieverbrauch betroffen. Die gesamte Umweltbelastung in Umweltbelastungspunkten des Projektes liegt im hohen, zweistelligen Milliardenbereich (Methode der Ökologischen Knappheit gemäss BAFU). Aus diesen Gründen sieht sich das GB zur Einsprache legitimiert.

Beilage 1: Statuten GB vom 27. März 2019

Antrag: Das Projekt ist in der aufgelegten Form zurückzuweisen.

Begründung:
Städtische, kantonale und nationale Klimaziele werden torpediert.

Um die Klimaziele auf internationaler, nationaler, kantonaler und städtischer Ebene zu erreichen, ist eine Reduktion des MIV unabdingbar. Das Ausbauprojekt Anschluss Wankdorf ist als Eckstein einer durchgehenden Verbreiterung der A6/A1 um je eine zusätzliche Spur auf beiden Seiten konzipiert. Das Vorhaben, dem MIV mehr Platz zur Verfügung zu stellen, um den Verkehrsfluss zu verbessern, führt seinerseits zu mehr Verkehr, weil die Attraktivität des Autos unbestrittenermassen zunimmt. Das Projekt Anschluss Wankdorf stellt viel zusätzliche Verkehrsfläche zur Verfügung. Ein zusätzlicher Autobahnanschluss bildet zudem das Einfallstor für das Gebiet BERNEXPO/Mingerstrasse/Breitenrain sowie die Wohnquartiere Baumgarten, Burgfeld, Schönberg-Bitzius und Laubegg und animiert mehr Menschen, mit dem Auto zu fahren. Das ist nicht mit den Klimazielen der Schweiz vereinbar.

Aus den aufgelegten Dokumenten geht nicht hervor, auf welche Prognosen und Verkehrsmengen sich die vorgelegte Umgestaltung stützt. Es reagiert offenbar auf die aktuell registrierte Verlangsamung des Verkehrsflusses zu Spitzenzeiten am Morgen und am Abend. Diese Spitzen müssen zuallererst mit nicht-baulichen Massnahmen gebrochen werden. Für die Glättung der Lastspitzen, die Staus in den Quartieren (Abfluss) und auf den Einfahrten (Zufluss) ist der Ausbau als einzige Lösung zu hinterfragen bzw. nicht zielführend.

Die diesem Projekt zugrunde liegenden Verkehrsmodelle prognostizieren eine weitere Zunahme des Volumens bis 2040.  Der internationale Trend geht hingegen insbesondere aus Gründen des Klimaschutzes in Richtung Mobility-Sharing, Road Pricing sowie integriertes Verkehrsmanagement der Mobilitätsträger Individualverkehr einerseits und öffentlicher Verkehr/Fuss/Velo andererseits, zugunsten der letzteren. Diese Entwicklungen sind zu fördern, anstatt sie mit einem Ausbau der MIV-Infrastruktur zu bremsen.

Biodiversitäts- und Bodenstrategie des Bundesrates werden missachtet.

Die “Strategie Biodiversität Schweiz” sowie dessen Aktionsplan haben u. a. zum Ziel, eine ökologische Infrastruktur zu schaffen, die Arten zu fördern und eine Brücke zwischen der Biodiversitätspolitik des Bundes und anderen Politikbereichen (z.B. dem Verkehr) zu schlagen. Die 2020 verabschiedete Bodenstrategie des Bundesrates sieht vor, den Versiegelungsgrad zu minimieren. In der “Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030” hat sich der Bundesrat zum Ziel gesetzt, dass bis 2050 netto kein Boden mehr verloren gehen soll. Im Sustainable Development Goal 15 heisst es dazu, dass die Bodenfunktionen erhalten, keine Degradierung durch Bodennutzung und die Funktionalität von Böden wiederhergestellt werden sollen. Die mit dem Ausbauprojekt einhergehende, zusätzliche Bodenversiegelung von 18’000 m2, der Wald-Rodung von 30’000 m2 (18’000 m2 definitiv) ist mit den oben genannten Zielen und Strategien des Bundesrates nicht vereinbar. Die Neuversiegelung von Flächen sollte auch angesichts der Klima Mitigation und Adaptation dringend vermieden werden.

Ressourcenverbrauch ist gigantisch, Kreislaufwirtschaft kaum ein Thema.

Durch die grossen Bauvolumina werden riesige Mengen an Ressourcen verbraucht (z.B. fast 70’000 Tonnen Kies, 40’000 Tonnen Strassenbelag, mehr als 75’000 Tonnen Beton oder mehr als 6’000 Tonnen Stahl). Diese provozieren über den gesamten Lebenzyklus bei deren Produktion (Abbau, Verarbeitung), Instandhaltung als auch Entsorgung nicht nur einen enormen CO2-Ausstoss, sondern auch einen gigantischen Energieverbrauch. Ausser im kleinen Bereich der Fundationsschicht (Kies) gibt es beim Neubau keine wiederverwendeten Materialien. Dies widerspricht den Zielen des Bundes, wonach dieser die Kreislaufwirtschaft fördern und die natürlichen Ressourcen schonen will (vgl. bundesrätliche Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030, SDG 8.4, nationale Stossrichtung c).

Energieverbrauch durch Ausbauprojekt steigt an und widerspricht bundesrätlicher Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030.

Seit 2000 zeichnet sich in der Schweiz mit Ausnahme des Verkehrs eine Stabilisierung des Energieverbrauchs ab. Dank erhöhter Energieeffizienz und vermehrtem Energiesparen durch Innovation, Forschung, Lenkung und konkreter Anreizsetzung soll der durchschnittliche Energieverbrauch pro Person weiter reduziert werden. Eine grosse Herausforderung wird sein, trotz des grossen Bedürfnisses an Mobilität und des daraus resultierenden wachsenden Verkehrs, den Energieverbrauch in diesem Bereich mittels geändertem Verhalten und Steigerung der Effizienz zu senken. (vgl. bundesrätliche Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030). Das Ausbauprojekt Wankdorf trägt nicht dazu bei, das Verhalten der Verkehrsteilnehmenden zu ändern oder die Effizienz zu steigern. Es ermutigt im Gegenteil zu vermehrtem Autofahren

Eventualanträge: Für den Fall, dass das UVEK das Ausbauprojekt bewilligt, sind im Rahmen der Planung und Umsetzung folgende, kumulative Verbesserungen vorzunehmen:

Eventualantrag 1:
Für den Fuss- und Veloverkehr sollen attraktive, inklusive Verbindungen geschaffen werden.

Das Ausbauprojekt sieht auf dem Schermenweg keine Trottoirs und Strassenquerungen für Zufussgehende vor. Damit wird diese Ebene für Fussgänger_innen zur No-Go-Area. Der Knoten kann nur noch durch einen in der Höhe und in der Länge unattraktiven Umweg überquert werden. Einerseits ist die neue Brücke dem Wetter (Schnee, Eis, Wind) sowie Verkehrsemissionen (Lärm, Feinstaub) ausgesetzt. Andererseits kann die abgesonderte Brücke als “Unort” und ohne Ausweichmöglichkeiten ein Sicherheitsproblem darstellen. Eine allfällige, zusätzliche Beleuchtung der Brücke erhöht die Lichtemissionen weiter. Schliesslich wird die neue Brücke auch Personen mit Einschränkungen überhaupt nicht gerecht. Deren Inklusion wird geradezu verhindert.

Die Umwege über die sogenannte «Langsamverkehrsbrücke» sind auch für Velofahrende in den meisten Fällen nicht zumutbar. Die Umwege und Höhenunterschiede werden dazu führen, dass die Brücke nur im Notfall genutzt wird. Die Sinusbrücke ist gerade auch für Pendler_innen sehr unattraktiv: Für den Umstieg vom Auto auf das E-Bike oder das Velo werden damit keine Anreize im Sinne der Klimawende geschaffen. Der Weg entlang des Schermenwegs (z. B. von Bolligen in Richtung Wankdorfplatz) wird für Velofahrende nicht nur nicht verbessert, sondern gegenüber heute sogar verschlechtert: Neu gilt es 5 Ampeln/Einmündungen zu passieren. In mehreren Fällen sind die Wartebereiche direkt bei den Einmündungen wartenden Autos platziert. Wir gehen davon aus, dass Velofahrten zunehmen und es bei all diesen Wartebereichen zu Ansammlungen von Velofahrenden kommen wird (inkl. Cargo-Bikes und Velo-Anhängerzüge). Dieses Zukunftsszenario eines zunehmenden Veloverkehrs (dem sich alle Projektpartner verschrieben haben) wird mit dieser Verkehrsführung nachgerade verhindert.

Weil auch keine Trottoirs mehr vorgesehen sind, auf welche bspw. bei Pannen ausgewichen werden könnte, wird der Weg «unten durch» für Velofahrende deutlich gefährlicher. Von einer Verbesserung für alle, kann nicht die Rede sein. Denn der tägliche Umweg über die oberste Ebene des Knotens via Sinusbrücke ist unattraktiv und zeitintensiv. 

Eventualantrag 2:
Auf die Eventstrasse ist zu verzichten. Zum Eventgelände soll keine erleichterte Zufahrt gewährt werden.

Mit der sogenannten “Eventstrasse” wird ein völlig falsches Zeichen ausgesendet. Durch diese wird die direkte Zufahrt ab der Autobahn zu BERNEXPO, Eventhalle, Fussballstadion und Einkaufszentrum erleichtert. Damit werden viele Besuchende zusätzlich motiviert, mit dem Auto anzureisen. Gerade der Freizeitverkehr darf angesichts der Klimakrise jedoch nicht weiter zunehmen. Zudem ist die Zahl der Parkplätze auf dem Eventgelände schon heute beschränkt. Die Parkplatzsuche wird die Verkehrsbelastung in den angrenzenden Quartieren noch erhöhen. Es ist deshalb unverständlich, warum eine zweispurige Strasse zum Eventgelände führen sollte. Erschwerend kommt dazu, dass die neue Eventstrasse mit der nur einspurig geführten Rückfahrstrecke durch die Bolligenallee kombiniert wird, obwohl der Verkehrsfluss vor allem nach Ende von Veranstaltungen verlangsamt wird. Die Eventstrasse wird vor allem als neue Zubringerstrasse zwischen Autobahn und Stadtquartieren benutzt werden und stellt damit klar eine Erhöhung der Kapazität dar, obwohl das von den Projektverantwortlichen immer bestritten wird.

Eventualantrag 3:
Es soll keine zusätzliche Fläche versiegelt werden.

Mit der Sanierung und Optimierung im Projektperimeter sollte die Renaturierung von Strassenflächen angegangen werden. Eine Versiegelung von zusätzlichem Boden ist in jedem Fall zu vermeiden. 

Eventualantrag 4:
Es sollen keine Rodungen vorgenommen werden; unumgängliche Rodungen sind in unmittelbarer Nähe zu kompensieren.

In der aktuellen Situation einer beschleunigten Erderwärmung müssen CO2-speichernde Bäume unbedingt beibehalten und zusätzlich neue Gebiete aufgeforstet werden. Eine Rodung von über der Hälfte des Allmendwalds ist Raubbau an der Natur. Zudem führt der Wegfall des lärmdämmenden Laubes zu einer steigenden Lärmbelastung für die Anwohner. Das Nachwachsen eines kleinen Teils von neu gepflanzten Bäumen wird Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Die Aufenthaltsqualität auf den Allmenden wird für Jahrzehnte geschmälert. Die seitens ASTRA veröffentlichten Animationen zeigen bestenfalls einen Zustand nach 50 Jahren Wachstumsphase der neu gepflanzten Bäume.

Auf Rodungen ist entsprechend zu verzichten. Müssen einzelne Bäume zwingend gefällt werden, muss in unmittelbarer Nähe aufgeforstet werden und nicht irgendwo im Kanton Bern.

Dass zudem die Hälfte der Bolligenallee gefällt werden soll, zeugt von einem Ausbauvorhaben ohne Rücksicht auf Verluste im historischen und Naturraum-Bereich. Gemäss der aufgelegten Dokumentation ist an der Bolligenallee ein Grossteil der Bäume gesund genug, um für eine weitere Lebensdauer von 10 und mehr Jahren zu existieren. Die Bolligenallee ist integral zu erhalten.

Eventualantrag 5:
Die fünfjährige Bauzeit soll möglichst verträglich ausgestaltet werden.

Es ist unverständlich, warum die Bevölkerung nur mit geschönten Bildern zum Endzustand nach Jahrzehnten «informiert» und in keiner Publikation auf die Risiken und Schwierigkeiten z. B. auch während der Bauzeit hingewiesen wird (z.b. Zehntausende von Lastwagenfahrten mit entsprechenden Emissionen). Für die Bevölkerung ist nicht nachvollziehbar, was auf sie in der 5-jährigen Bauzeit zukommen wird. Sichtbar wird einzig, dass Fuss- und Veloverkehr über eine viel zu schmale und unwirtliche Behelfsbrücke geführt werden.

Wir danken Ihnen für die Berücksichtigung unserer Anliegen und stehen bei Fragen gerne zur Verfügung.