Eingereicht von Ursina Anderegg (GB), Regula Bühlmann (GB), Rahel Ruch (GB):

Mit der Corona-Krise bewegt sich die Stadt Bern wie die gesamte öffentliche Hand in der Schweiz finanzpolitisch in unsicheren Zeiten. Welche mittel- und langfristigen Auswirkungen die Krise haben wird, wie sich eine mögliche Rezession ausgestalten und die Steuereinnahmen und die Staatsausgaben beeinflussen wird, ist zurzeit schwer abzuschätzen. Es ist zwischenzeitlich mit Mindersteuereinnahmen zu rechnen. Auch hinlänglich bekannt ist, dass ein antizyklisches Verhalten der öffentlichen Hand konjunkturpolitisch während Wirtschaftskrisen notwendig ist. Der Bund und zahlreiche Kantone und Gemeinden verschulden sich deshalb momentan in höherem Umfang, was aufgrund des Negativ-, bzw. Tiefzinsumfeldes zum Glück auch günstig ist. Der Gemeinderat hat nun trotz der unsicheren Ausgangslage beschlossen, beim Budget 2021 CHF 23.5 Mio. und für die Jahre 2022 35 Mio. sowie ab 2023 45 Mio. einzusparen. Dies obwohl er davon ausgeht, dass 2024 die Steuereinnahmen wieder das Niveau von 2019 erreichen werden. Zudem hat er beschlossen, dass er für das Budget 2021 an seinem finanzpolitischen Grundsatz Nr. 8 (s. IAFP 2021-24) festhält, dass der Bruttoverschuldungsanteil nicht über 140% steigen darf. Es ist für die Postulantinnen nicht nachvollziehbar, dass der Gemeinderat unter den aktuellen Umständen an solchen Grundsätzen festhält.

Wir fordern den Gemeinderat deshalb auf,  die teilweise historisch gewachsenen Grundsätze zu  hinterfragen und aufzuzeigen, welche finanzpolitischen Folgen folgende Massnahmen hätten und welche  Spielräume in der Investitions- und Aufgabenplanung sie eröffnen würden:

  1. Anpassung der Obergrenze der Bruttoverschuldungsquote (zurzeit 140%) gegen oben;
  2. Aufhebung des Grundsatzes, dass der Bilanzüberschuss immer mindestens 90 Millionen betragen muss;
  3. temporäre Abfederung durch Neuzuteilungen von Verwaltungs- und Finanzvermögen;
  4. temporäre Erhöhung der Gewinnabschöpfung bei den stadteigenen Unternehmen während der Krise;
  5. temporäre Erhöhung der Verzinsung des Dotationskapitals des Fonds für Boden- und Wohnbaupolitik sowie Darlehensaufnahme beim Fonds durch die Stadt;
  6. höhere Entnahmen aus den Spezialfinanzierungen «Eis und Wasser» und «Schulbauten».
  7. Die Vorgabe, dass im Hochbaubereich der durchschnittliche Zustandswert 0.80 betragen muss, ist grundsätzlich sinnvoll, es besteht aber ein Spielraum. Der Gemeinderat soll deshalb auch aufzeigen, bei welchen Anlagen eine Sanierung aufgeschoben werden kann, und die Frist bis zur Erreichung des Zielwerts von 0.80 entsprechend anpassen.

Begründung Dringlichkeit:
Der Stadtrat wird im September über das Budget 2021 und über den IAFP 2021-24 befinden und somit auch über die Höhe der vom Gemeinderat vorgeschlagenen Sparpakete debattieren. Dies wird nicht möglich sein ohne die Kenntnis der finanzpolitischen Handlungsspielräume der Stadt.