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Bern sei die grünste Stadt der Schweiz, liest man immer wieder. Das soll auch in Zukunft so bleiben, trotz Bauboom. Dazu müssen wir den öffentlichen Raum in Bern aktiv weiterentwickeln. Drei der städtischen Abstimmungsvorlagen vom 18. Juni 2023 markieren die nächsten Schritte auf diesem Weg: Es geht um höhere Parkier- und Parkkartengebühren und um die Entsiegelung und Begrünung des Strassenraums in den Quartieren.

Katharina Gallizzi ist seit acht Jahren für das GB im Stadtrat. Ihrer Meinung nach gehen alle drei Vorhaben in die richtige Richtung: «Es geht darum, den öffentlichen Raum für Menschen und Natur neu zu gestalten. Der Asphalt und die vielen herumstehenden Autos sind uns dabei im Weg. Es gibt doch kein Grundrecht darauf, das Auto im öffentlichen Raum abstellen zu können.»

Bürgerliche Referenden abschmettern

Im Stadtrat war sich eine grosse Mehrheit einig: Die heutigen Gebühren fürs Parkieren und für die Parkkarten sind viel zu tief. Der Preis für das Parkieren deckt nicht einmal die direkten Kosten für Bau und Unterhalt der Parkplätze. Die Stadt subventioniert also heute deren  Nutzung massgeblich. Damit werden die Menschen von ausserhalb der Stadt geradezu motiviert, mit dem Auto in die Stadt zu fahren und es hier auf einem günstigen öffentlichen Parkplatz abzustellen. Und wir fördern auch den Autobesitz der Menschen, die in der Stadt wohnen. Heute lohnt es sich für Grundbesitzende, ihre eigenen privaten Parkplätze teuer zu vermieten und fürs eigene Auto eine günstige Parkkarte für die blaue Zone zu kaufen. Das ist weder klimapolitisch noch finanzpolitisch sinnvoll. Es ist deshalb nur fair, die Parkiergebühren und die Preise für die Parkkarten anzuheben.

Gegen beide Vorlagen haben bürgerliche Parteien das Referendum ergriffen. Deshalb stimmen wir nun darüber ab. Obwohl die vorgeschlagenen Gebührenerhöhungen aus unserer Sicht immer noch zu tief sind, empfiehlt das GB zusammen mit vielen anderen Stadtparteien ein doppeltes JA zu den höheren Parkiergebühren und Parkkartenpreisen. Damit können wir den Ewiggestrigen zeigen: Die Stadt will weniger stehende Autos in den Strassen. Wir wollen den öffentlichen Raum fürs Leben nutzen und nicht als Abstellplatz für leere Blechkisten auf Rädern. Die Verkehrswende wird nur möglich, wenn wir sukzessive die Attraktivität des Autofahrens reduzieren.

Finanzieller Hebel für die Verkehrswende

Auch bei einem doppelten JA werden die Gebühren immer noch längst nicht kostendeckend sein. Die indirekten Kosten, die ein Parkplatz verursacht – wie CO₂-Ausstoss, Lärm und Gefahren/Unfälle – sind ohnehin nicht in den Preisen enthalten. Das GB wird deshalb am Thema dranbleiben. Katharina Gallizzi sagt dazu: «Es ist völlig unsinnig, das Autofahren mit öffentlichem Geld zu subventionieren. Wir wollen die Mittel in die Förderung des Velofahrens und des öffentlichen Verkehrs investieren.»

Um den Fuss- und Veloverkehr und den öffentlichen Verkehr zu fördern, sollten wir deshalb auch die Kosten als Hebel nutzen. Die öffentlichen Parkplätze werden nämlich vor allem zum Kurzzeitparkieren von Menschen genutzt, die mit dem Auto (zum Beispiel über die Autobahn) in die Stadt fahren. Je nach Parkierdauer ist heute sogar die Busfahrt in die Stadt teurer.

Übrigens sind mehr als die Hälfte der Autofahrten in und um Bern Freizeitfahrten. Und die durchschnittlich zurückgelegte Distanz innerhalb der Stadt beträgt nur 5 Kilometer. Wer wirklich auf ein Auto angewiesen ist, kann weiterhin zu moderaten Preisen einen Parkplatz finden. Leider wurde der Antrag der GB/JA!-Fraktion, die Parkkarten für Menschen mit kleinem Budget günstiger abzugeben, im Stadtrat zurückgewiesen.

Quartierstrassen grüner und sicherer machen

Die dritte Abstimmungsvorlage macht es möglich, beim Umbau des öffentlichen Raums endlich vorwärtszumachen. Wir sollten jede Gelegenheit nutzen, den Strassenraum zu begrünen und den Menschen und der Natur mehr Platz zu verschaffen. Solche Gelegenheiten bieten sich, wenn die Strasse sowieso aufgerissen wird. In den kommenden Jahren baut «Energie Wasser Bern» (ewb) das Fernwärmenetz aus. Das ist gut für das Klima und entspricht der Energie- und Klimastrategie der Stadt Bern. Bei diesem Ausbau müssen die Strassenbeläge entfernt werden. Der Rahmenkredit, über den wir abstimmen, erlaubt es dem Gemeinderat, rasch Geld zu sprechen für die Aufwertung des Strassenraums, wenn dieser sowieso neu gestaltet wird. Anstatt alles wieder mit Asphalt zu überziehen, kann die Stadt so die Verkehrssicherheit optimieren, unversiegelte Flächen freilassen und mehr Grünräume und Platz für Bäume schaffen. Wenn die Stadtverwaltung zusammen mit den Quartieren und Anwohnenden konkrete Projekte entwickelt, werden immer auch Verbesserungen für die Sicherheit der Fuss- und Velowege für alle gesucht.  

Jelena Filipovic – seit 2021 für das GB im Stadtrat – freut sich über diese Aussichten: «Was wir schon lange fordern, wird nun endlich möglich: Eine rasche Anpassung unserer Strassen an den Klimawandel. Das ist eine dringend nötige Investition für eine lebenswerte Zukunft in unserer Stadt.» Das gleiche Ziel verfolgt die Stadtklima-Initiative, die das GB letztes Jahr zusammen mit anderen Organisationen eingereicht hat. Mit baulichen Massnahmen soll so verhindert werden, dass sich der Strassenraum bei den zukünftig steigenden Temperaturen übermässig erhitzt. So können sich alle Menschen weiterhin auch im Sommer im öffentlichen Raum bewegen und aufhalten.

Wer also mehr grün statt grau auf den Berner Strassen will, stimmt am 18. Juni dreimal JA.

 

Markus Heinzer, Redaktion grünlinks