Grünlinks:
Du bist jetzt seit gut 100 Tagen im Amt – wie geht es dir?

Ursina Anderegg:
Mir geht es sehr gut! Ich bin gut gestartet, kann auf ein kompetentes Team zählen, das mich gut eingearbeitet hat, und bin am Tag eins in eine sehr vielfältige und spannende Direktion eingetaucht. Ich konnte schnell in die konkrete Arbeit einsteigen, und die Zusammenarbeit im neuen Gemeinderat ist sehr gut angelaufen.

Grünlinks:
Du und das GB haben einen tollen Wahlkampf geführt: Du wurdest mit dem zweitbesten Resultat in den Gemeinderat gewählt. Konntest du diesen Schwung im Alltag mitnehmen?

Ursina Anderegg:
Dank dem guten Resultat fühle ich mich getragen und weiss, dass sehr viele Menschen in Bern hinter mir und der Politik des GB stehen. Das bringt einerseits eine entsprechende Verantwortung und Erwartungen, die in mich und die GB-Politik gesetzt werden, mit sich. Andererseits ist es für die Arbeit sehr motivierend und ich bringe diesen Auftrag gerne politisch ein.

Grünlinks:
Deine Direktion Bildung, Soziales und Sport ist sehr breit gefächert. Was waren in den ersten 100 Tagen die dringendsten Themen, die du angehen musstest?

Ursina Anderegg:
Grosse Projekte sind derzeit die Stabilisierung der Kita-Angebote, die Schaffung von zusätzlichen Notschlafplätzen, Citysoftnet, das neue Asylzentrum Tiefenau oder die Übernahme des schulzahnärztlichen Angebotes durch die Uni-Klinik. Bereits stattgefunden haben auch «meine» erste Aktionswoche gegen Rassismus und eine erste Diskussion zu Antisemitismus und weiteren Themen, die  unsere Gesellschaft derzeit stark beschäftigen.

Grünlinks:
Wo siehst du den grössten Handlungsbedarf?

Ursina Anderegg:
Wir werden uns als Stadt verstärkt klimapolitisch engagieren und zusätzliche Antworten auf die wachsende Armut finden müssen. Es ist wichtig, dass wir die Solidarität innerhalb und ausserhalb der Stadt stärken und die Stadt gemeinsam mit allen Bevölkerungsgruppen weiterentwickeln können.

Grünlinks:
Gab es in den ersten 100 Tagen Entscheidungen, die dir besonders schwergefallen sind?

Ursina Anderegg:
Nein. Meine Arbeit besteht hauptsächlich darin, Entscheidungen entlang meines politischen Kompasses zu treffen und darauf habe ich mich auch gefreut. Franziska Teuscher hat mir eine gut geführte Direktion mit gut vorbereiteten Projekten übergeben – hier kann ich gut anknüpfen.

Grünlinks:
Wie erlebst du die Zusammenarbeit mit dem Stadtrat? Gibt es Themen, bei denen es besonders viel Diskussionsbedarf gibt?

Ursina Anderegg:
Ich erlebe die Zusammenarbeit sehr gut. Es ist ein Vorteil, dass ich die Stadtratsarbeit und viele Stadträt*innen gut kenne, das macht viel aus. Ich erlebe die Diskussionen mit dem Stadtrat aus der Perspektive meiner neuen Rolle sehr fruchtbar.

Grünlinks:
Wie nimmst du den Austausch mit den Berner*innen wahr? Gibt es bestimmte Anliegen, die dir besonders oft zugetragen wurden?

Ursina Anderegg:
Es freut mich, dass ich auch nach der intensiven Wahlkampfphase oft ins Gespräch mit den Berner*innen komme, wenn ich in der Stadt unterwegs bin oder an Veranstaltungen eingeladen werde. Grosse Themen sind der Mangel an bezahlbarem Wohnraum, die Klimakrise, Armut und Obdachlosigkeit. Und immer mehr Menschen, die einer Minderheit angehören, haben Angst vor dem Aufschwung der rechten Kräfte weltweit.

Grünlinks:
Gab es Überraschungen oder Herausforderungen, mit denen du nicht gerechnet hast? Was hat dich besonders gefreut?

Ursina Anderegg:
Vieles ist so, wie ich es mir vorgestellt habe. Beeindruckt bin ich vom Organisationsgrad der Verwaltung, unter anderem rund um das Funktionieren des Gemeinderates. Meine grösste momentane Herausforderung ist es, mich zurückzuhalten und nicht in allen Themen gleichzeitig zu tief abzutauchen, weil ich alles so spannend finde.

Grünlinks:
Welche Themen möchtest du in dieser Legislatur besonders voranbringen? Welche Schwerpunkte setzt du?

Ursina Anderegg:
Es ist nach so kurzer Zeit noch zu früh, konkrete Schwerpunkte für die ganze Legislatur festzulegen. Vorerst gilt es, die aufgegleisten Projekte voranzutreiben und abzuschliessen. Meine Richtschnur ist aber klar: Ich habe den Anspruch, mein Wahlprogramm und das vom RotGrünMitte-Bündnis mit meiner Direktion und meinen Gemeinderatskolleg*innen voranzutreiben.

Milena Geiser, Redaktion grünlinks