Das Grüne Bündnis nimmt den heute präsentierten Rechnungsüberschuss von über 63 Millionen Franken überrascht zur Kenntnis. Wenn zwischen finanzpolitischer Projektion und Realität so grosse Abweichungen entstehen, ist das der politischen Debatte und dem Vertrauen in die Budgetierung nicht zuträglich. Statt jährlich neue „Sonderkässeli“ zu schaffen, muss die Stadt Bern aus Sicht des Grünen Bündnis dringend mehr finanzielle Mittel für die Behebung des entstandenen Investitionsstaus bereitstellen.

Das Grüne Bündnis nimmt die heute präsentierte Rechnung 2015 mit einem Überschuss von 63,7 Millionen Franken mit Erstaunen zur Kenntnis. Für eine nachhaltige Finanzpolitik haben wirklichkeitsnahe Auskünfte über die finanzielle Lage der Stadt eine enorme Bedeutung. Wenn zwischen finanzpolitischer Projektion und Realität so grosse Abweichungen entstehen, ist das der politischen Debatte und dem Vertrauen in die Budgetierung – und damit einer langfristig nachhaltigen Finanzpolitik – sicher nicht zuträglich.

Der Berner Finanzdirektor warf dem RGM-Bündnis unlängst vor, wie Napoleon den Staatsschatz plündern und an die eigene Klientel verteilen zu wollen (vgl. Der Bund vom 4. März 2016). Der Berner Schatzmeister seinerseits scheint das Geld lieber wie Dagobert Duck in diversen Schatztruhen zu horten, als für die Bernerinnen und Berner wichtige Angebote aufrecht zu erhalten. Der überraschende Abschluss 2015 zeigt, dass in den vergangenen Jahren ohne Not Leistungen abgebaut wurden. Nach den hohen Überschüssen verkommen die erfolgten linearen Kürzungen bei kulturellen und sozialen Institutionen zur Erbsenzählerei – Kleinstbeiträge für die Stadt, die für die entsprechenden Angebote aber durchaus ins Gewicht fallen. Angesichts des guten Rechnungsabschlusses und der (absehbaren) Spezialfinanzierungen mit total 94,4 Millionen Franken wird das Grüne Bündnis weitere Sparmassnahmen entschieden ablehnen. Vielmehr braucht es in den Bereichen der familienergänzenden Kinderbetreuung sowie der schulischen und beruflichen Bildung Leistungsangebote, die mit dem Bevölkerungswachstum Schritt halten können. Mit Blick auf die Situation im Asylbereich wird sich das Grüne Bündnis zudem für einen Ausbau der Mittel für Integrationsprojekte einsetzen.

Mit Blick auf die restriktiven Vorgaben durch das neue Rechnungslegungsmodell HRM2 begrüsst das Grüne Bündnis, dass der Gemeinderat Vorschläge für die Verwendung des Überschusses erarbeitet hat, und unterstützt die zwei neuen Spezialfinanzierungen im Grundsatz. Wenn die neuen Bestimmungen von HRM2 künftig bei jedem Rechnungsüberschuss zur Schaffung von neuen „Sonderkässeli“ führen, ist das sicherlich nicht im Sinne der Erfinder. Aus städtischer Perspektive scheint die aktuelle Regelung für die Verwendung von Überschüssen praxisfremd. Die grossen Herausforderungen für die Stadt Bern mit ihrem grossen aufgelaufenen Sanierungsbedarf liegen vor allem im Investitionsbereich; es ist stossend, dass die erarbeiteten Überschüsse nicht direkt für Investitionen nutzbar gemacht werden können, sondern nur über einen längeren Zeitraum via Abschreibungen. Das Grüne Bündnis fordert den Gemeinderat darum auf, sich beim Kanton und dem Städteverband für weitere Anpassungen an HRM2 einzusetzen.

Die Spezialfinanzierung für den Primatwechsel unterstützt das Grüne Bündnis im Sinne einer flexiblen Lösung, die sowohl im Fall einer Umsetzung als auch einer Nicht-Umsetzung des Primatwechsels den erarbeiteten Überschuss nicht auf ewige Zeiten einbunkert, sondern nutzbar macht. Damit wird kein Präjudiz zum Primatwechsel an sich geschaffen: Über seine Position zum Primatwechsel wird das Grüne Bündnis erst aufgrund einer konkreten Vorlage des Gemeinderats Stellung beziehen. Die vorgeschlagene Spezialfinanzierung für Investitionen im Schulbereich sollte aus Sicht des Grünen Bündnis – analog der letztes Jahr geschaffenen Spezialfinanzierung für Eis- und Wasseranlagen – auch zu einem ökologischen Mehrwert führen.