Interpellation: Was unternimmt der Gemeinderat gegen die Angriffe der Autolobby auf Tempo 30?
Jelena Filipovic (GB), Esther Meier (GB)
Fragen
Der Gemeinderat wird um Beantwortung folgender Fragen gebeten:
- Wie viele Projekte sind in der Stadt Bern vom kantonalen Moratorium für die Einführung von Tempo 30 auf verkehrsorientierten Strassen betroffen?
- In welchem Planungsstadium befinden sich die betroffenen Projekte?
- Prüft der Gemeinderat die Möglichkeit, juristisch gegen das Moratorium vorzugehen?
- Welche anderen Handlungsmöglichkeiten prüft der Gemeinderat, um gegen das Moratorium das die Gemeindeautonomie verletzt, vorzugehen?
- Wird sich die Stadt Bern mit einer eigenen Stellungnahme am Vernehmlassungsprozess der revidierten Verordung beteiligen, zu welcher der Bundesrat angekündigt hat, dass in Kürze die Konsultation starten wird?
- Welche anderen Handlungsmöglichkeiten prüft der Gemeinderat, um gegen die Einschränkungen bei Tempo 30, welche die Umsetzung der Motion Schilliger für die Gemeinden mit sich bringen wird, vorzugehen?
Begründung
Das nationale Parlament hat 2023/2024 die Motion Schilliger überwiesen, welche Gemeinde und Kantonen de facto verbieten will, Tempo 30 auf verkehrsorientierten Strassen einzuführen. Obwohl die Motion eine Gesetzesrevision fordert und umstrittene Beschlüsse gemäss Bundesverfassung auf gesetzlicher Ebene geregelt werden müssen, hat der Bundesrat entschieden, die Anpassung auf dem Verordnungsweg zu regeln. Die Vernehmlassung zur revidierten Verordnung wird in Kürze starten. Damit wird sich die Ausgangslage für eine Einflussnahme der Stadt Bern, wie sie in der Antwort auf die Interfraktionelle Interpellation „Einführung Tempo 30 Zonen: Welchen Spielraum hat die Stadt Bern im Strassenverkehr?“ im Sommer 2024 vom Gemeinderat skizziert wurde, grundlegend verändern.
Die rechtsbürgerliche Mehrheit des Berner Grossen Rats hat im November 2024 zudem eine Motion überwiesen, die ein Moratorium für die Einführung von Tempo 30 auf verkehrsorientierten Strassen fordert. Das Moratorium gilt, bis das revidierte Strassenverkehrsgesetz auf eidgenössischer Ebene in Kraft treten wird. Allerdings hielt der Regierungsrat in seiner Antwort auf die Motion fest, dass bis dahin die rechtliche Grundlage fehle, den Gemeinden die Einführung von Tempo 30 auf verkehrsorientierten Strassen zu verbieten und die Gemeinden sich auf dem Rechtsweg dagegen wehren könnten. [1]
Sowohl das kantonale Moratorium als auch die Motion Schilliger stellen einen groben Eingriff in die Gemeindeautonomie dar und blockieren Massnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit und der Lebensqualität in den betroffenen Quartieren. Tempo 30 ist eine bewährte Massnahme, die nachweislich die Verkehrssicherheit sowie den Verkehrsfluss verbessert und die Lärm- und Ab-
gasemissionen reduziert. Wie der Tagesanzeiger kürzlich berichtet hat, gilt in Helsinki auf mehr als der Hälfte der Strassen und vor allen Schulen Tempo 30. Dadurch, und dem Ausbau des öVs, gelang es der Stadt, die Zahl der Verkehrstoten im letzten Jahr auf Null zu senken. [2]
Bern, 28. August 2025
[2] Helsinki senkt Zahl der Verkehrstoten auf 0 – mit zwei simplen Massnahmen (Tagesanzeiger)